Harte Ukraine-Politik beflügelt die Popularität des russischen Präsidenten

Moskau. Mit seiner Ukraine-Politik stößt der russische Präsident Wladimir Putin im eigenen Land kaum auf Widerspruch. 80 Prozent der Russen stimmen einer Umfrage zufolge seinem Kurs zu, und die Opposition ist weitgehend verstummt. Aber Putin, dem kühl kalkulierenden Machtpolitiker, reicht das noch nicht. Im Windschatten der nationalen Euphorie über die Annexion der Krim hat er den Ton gegen seine Kritiker verschärft: Er nennt die, die nicht mit ihm sind, „nationale Verräter“. Diejenigen, die sein Vorgehen in der Ukraine kritisierten, vergleicht er mit den Bolschewiken, die die russische Schwäche im Ersten Weltkrieg für die Oktoberrevolution 1917 ausnutzten.

Putin zeigt damit, dass sein historischer Horizont über die Sowjetunion hinausgeht. Die Gebiete im Osten und Süden der Ukraine, in denen sich Separatisten formiert haben, gehören für ihn zu einer „russischen Welt“. Der Kreml-Chef erinnert gern an die Welt der Zaren. Demokratische Traditionen spielen in der russischen Geschichte kaum eine Rolle.

Sanktionen der USA und der EU haben in Moskau wenig Eindruck gemacht

Alexej Nawalny ist einer der wenigen Oppositionsführer, die es noch gewagt haben, Putin zu kritisieren. Am Dienstag wurde er wegen Verleumdung eines Abgeordneten zu einer Geldstrafe von umgerechnet 6000 Euro verurteilt. Da dabei zugleich ein Verstoß gegen Bewährungsauflagen festgestellt wurde, droht ihm am Donnerstag bei einem weiteren Prozess eine Gefängnisstrafe. Im März hatte Nawalny in einem Leserbrief an die „New York Times“ die USA gedrängt, Sanktionen gegen Putins engste Freunde zu verhängen – als Strafe für die Annexion der Krim. Am Tag darauf sprachen die USA Sanktionen gegen fünf der von Nawalny genannten Putin-Freunde aus. Nawalny wusste, dass der Kreml ihm das nicht einfach durchgehen lassen wird. „Zeit, die Tasche für das Gefängnis zu packen“, schrieb er auf Twitter.

Die Sanktionen der USA und der EU haben in Moskau bisher wenig Eindruck gemacht. Diejenigen, die persönlich betroffen sind, haben erklärt, sie seien stolz darauf, auf der Sanktionsliste zu stehen. Putin scheint bereit, wirtschaftliche Rückschläge durch westliche Strafmaßnahmen bei seinem Vorhaben hinzunehmen, die Ukraine von Nato und EU fernzuhalten. Wie weit er dabei gehen würde, bleibt offen. Die Übergangsregierung in Kiew und einige im Westen vermuten, dass eine provozierte Konfrontation Russland einen Vorwand zur Invasion geben könnte. Putin verweist darauf, dass er sich das Recht vorbehalte, Russen in der Ukraine zu schützen. Diesen Anspruch hat er in der Formulierung verpackt, er hoffe nicht, dass es soweit komme, dass er sich dazu gezwungen sehen könnte.