Moskau erklärt sich nach Treffen in Genf zur Abrüstung prorussischer Milizen in der Ukraine bereit. Bundesverteidigungsministerin von der Leyen stellt aber weitere Sanktionen in den Raum. Internationale Ermittlungen gegen Janukowitsch.

Hamburg. Die Lage in der Ostukraine bleibt auch nach den internationalen Krisengesprächen in Genf weiter gespannt. In der Stadt Slawjansk im Osten fielen in der Nacht zum Freitag Schüsse, als ukrainische Regierungstruppen einen Posten prorussischer Uniformierter stürmten. Unbestätigten Berichten zufolge soll mindestens ein Mensch gestorben sein.

Russland hatte in Genf bei den Verhandlungen mit den USA und der EU einem Friedensplan zugestimmt, nach dem die prorussischen Uniformierten in der Ostukraine entwaffnet werden sollen. Allerdings hatte Kremlchef Wladimir Putin gesagt, dass auch die ukrainischen Regierungstruppen die Gewalt einstellen müssten.

Inzwischen lässt der ukrainische Grenzschutz keine Russen im Alter zwischen 16 und 60 Jahren mehr einreisen – aus Angst, sie könnten die prorussischen Kräfte verstärken. Das Außenministerium in Moskau Ukraine-Krise kritisierte die Einreiseverbote als Verstoß gegen internationales Recht.

Dutzende Menschen würden an der Einreise gehindert, berichteten Medien in Moskau. Auch Journalisten seien von der Sperre betroffen. Die staatliche russische Fluggesellschaft Aeroflot hatte am Donnerstag über die Einreiseverbote informiert.

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+++ „MK“: Putin in Krisenzeiten unaufgeregt und sicher +++

10.30 Uhr: Zum Auftritt des Kremlchefs Wladimir Putin in der Fernsehsendung „Direkter Draht“ schreibt die Moskauer Boulevardzeitung „Moskowski Komsomolez“:

Im politischen Leben Russlands fehlte es unter Kremlchef Wladimir Putin noch nie an stürmischen Ereignissen. Aber noch nie haben wir erlebt, dass der „Vater der Nation“ mit dem Volk ins Gespräch kommt, während das Land im Zentrum der größten internationalen Krise seit Jahrzehnten steht. Doch war nicht einmal ansatzweise zu erkennen, dass Putin die Schwere der „Last der Geschichte“ auf seinen Schultern spürt. Das Land erlebte vielmehr einen Putin, an den es sich seit langem gewöhnt hat: unaufgeregt und absolut sicher in der eigenen Rechtsauffassung. Er arbeitete in der Sendung „Direkter Draht“ nicht nur als Präsident, sondern auch als Psychotherapeut der Nation.

+++ Von der Leyen will gegen Russland hart bleiben +++

9.42 Uhr: Nach der Genfer Erklärung hat die Bundesregierung ihre Bereitschaft zu schärferen Sanktionen gegen Russland bekräftigt. „Wir Europäer sagen unmissverständlich, dass wenn Moskau dort weiter destabilisiert, die dritte Stufe der Sanktionen greift“, sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen dem Nachrichtenmagazin „Focus“. Von der ökonomischen Wirkung der Maßnahmen zeigte sie sich überzeugt: „Das würde die Weltwirtschaft insgesamt zurückwerfen, aber Russland am härtesten und langfristig treffen“, äußerte die Ministerin. Bereits jetzt habe das Land gravierende Folgen zu erwarten. „Im Augenblick stimmt die Wirtschaft doch schon mit den Füßen ab, indem sie Investitionen in Russland aufschiebt oder auf andere Länder ausweicht“, sagte von der Leyen.

In Genf waren am Donnerstag erstmals seit Ausbruch der Krise Vertreter Russlands, der USA, der EU und der Ukraine direkt in einer Vierer-Runde zusammengekommen. In einer gemeinsamen Erklärung forderten sie alle Seiten zum Verzicht auf Gewalt, Einschüchterung und Provokationen auf.

Auch US-Präsident Barack Obama machte daraufhin deutlich, der Westen werde zusätzliche Sanktionen verhängen, sollte Russland die Genfer Erklärung nicht umsetzen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier begrüßte die Einigung, forderte aber zugleich, den Worten müssten nun Taten folgen.

+++ Internationale Ermittlungen gegen Janukowitsch +++

9.37 Uhr: Die Ukraine hat die juristischen Voraussetzungen für internationale Strafverfahren gegen den gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch und andere frühere Regierungspolitiker geschaffen. Um entsprechende Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) zu ermöglichen, erkannte sie die Zuständigkeit des Tribunals in Den Haag für den Zeitraum von Ende November 2013 bis Ende Februar 2014 an. Das geht aus einer Mitteilung des IStGH von Donnerstagabend hervor.

Während der monatelangen Proteste gegen die Regierung Janukowitsch in Kiew waren zahlreiche Demonstranten von Scharfschützen getötet worden. Das ukrainische Parlament macht dafür die damalige Regierung verantwortlich.

Der für Verbrechen gegen die Menschlichkeit zuständige Gerichtshof wies darauf hin, dass die Akzeptanz seiner Jurisdiktion nicht automatisch zu Strafverfahren führe. In jedem Fall müsse die Staatsanwaltschaft prüfen, ob Ermittlungen gerechtfertigt erschienen.

Die Ukraine gehört nicht zu den Mitgliedstaaten des IStGH. Sie kann aber wie jedes andere Land um die Verfolgung schwerer Verbrechen auf dem eigenen Staatsgebiet durch das Tribunal nachsuchen.