Zwangsabgabe auf Sparguthaben im Parlament durchgefallen. Die Inselrepublik am Rande des Staatsbankrotts, Banken bleiben geschlossen

Nikosia/Hamburg. Das Rettungspaket für Zypern samt der umstrittenen Zwangsabgabe auf Bankguthaben ist im Parlament des kleinen Inselstaates auf ganzer Linie durchgefallen. 36 von 56 Abgeordneten stimmten am Dienstagabend nach einer hitzigen Debatte dagegen. 19 enthielten sich der Stimme. Eine Abgeordnete war nicht anwesend. Dies teilte der Parlamentspräsident Giannakis Omirou mit. Die Ablehnung hatte sich bereits nach dem Beschluss des Rettungspaketes am Wochenende in Brüssel abgezeichnet. Angesichts des wachsenden Widerstandes in Bevölkerung und Parlament war die Abstimmung mehrfach verschoben worden.

Die Sorge vor der weiteren Entwicklung in Zypern hat den deutschen Aktienmarkt weiter belastet. Der DAX schloss 0,79 Prozent schwächer bei 7947,79 Punkten, blieb damit aber etwas über seinem Tagestief bei 7919 Punkten. Der Euro fiel wieder unter 1,29 US-Dollar.

Die Zwangsabgabe soll 5,8 Milliarden Euro einbringen - und ist Bedingung der Euro-Partner für Kreditzusagen im Umfang von zehn Milliarden Euro. Präsident Nikos Anastasiades hatte unter dem Druck massiver Proteste die einmalige Zwangsabgabe für Bankkunden bereits abgeschwächt. Das veränderte Gesetz sollte nunmehr Guthaben bis zu 20.000 Euro verschonen. Das reichte allerdings nicht, um die Abgeordneten zu besänftigen. Während der Debatte sagten mehrere Abgeordnete, es sei "eine Frage der Ehre, Nein zu sagen". Draußen vor dem Parlament skandierten derweil Demonstranten: "Wir werden nicht die Sklaven des 21. Jahrhunderts werden."

Zypern taumelt am Rande der Staatspleite - und der frisch gewählte Finanzminister muss sich offenbar mit einem baldigen Abgang befassen. Auch wenn er dementiert, so gibt es doch hartnäckige Gerüchte über den Rücktritt von Michael Sarris. Diese Berichte hatten an den internationalen Finanzmärkten für zusätzliche Unruhe gesorgt, während das zyprische Parlament über die geplante Zwangsabgabe auf Bankeinlagen debattierte.

Parlamentspräsident Giannakis Omirou sagte, einige versuchten, die EU von einer Solidargemeinschaft in einen Raum der Armut zu verwandeln, zu einem "Europa der kolossalen Unterschiede zwischen Nord und Süd". Der Chef der Zentrumspartei (Diko), Marios Karogian, warf den EU-Partnern vor, sie bestraften die Zyprer, statt anzuerkennen, "dass wir so viel verloren haben wegen des Schuldenschnitts (in Griechenland)". Karogian fügte hinzu: "Wir sagen Nein. Und wir sagen Nein für unsere Kinder und Enkel. Vor uns steht nun ein Leidensweg, aber wir werden es schaffen."

Dass Bankkunden mit kleineren Guthaben nach den geänderten Plänen doch nicht per Zwangsabgabe beteiligt werden sollen, stieß auch bei IWF-Chefin Christine Lagarde auf Zustimmung: "Wir unterstützen voll und ganz das Vorhaben der Behörden in Zypern, stärker gestaffelte Raten nach Höhe der Bankeinlagen einzuführen", sagte Lagarde bei einer Tagung in Frankfurt. Am vereinbarten Beitrag von 5,8 Milliarden Euro dürfe aber nicht gerüttelt werden.

Die Beteiligung der Sparer birgt nach Ansicht von Deutsche-Bank-Chef Anshu Jain aber auch Risiken. Zwar sei das Zypern-Modell wahrscheinlich keine Blaupause für andere EU-Staaten. Doch es schaffe einen "Präzedenzfall": Der Rahmen für die Beteiligung von Gläubigern an Rettungsmaßnahmen werde in einer Weise erweitert, "der die Stimmung von Investoren negativ beeinflussen könnte, sollten andere Peripheriestaaten in Schwierigkeiten geraten", sagte Jain.

Die russische Regierung wittert wegen der geplanten Zwangsabgabe auf zyprische Sparguthaben eine gute Geschäftsgelegenheit für heimische Banken. Russische Institute sollten die Gelegenheit nutzen und um neue Kunden und neue Einlagen kämpfen, empfahl der stellvertretende Ministerpräsident Igor Schuwalow. "Für Russland eröffnet das mittelfristig gute Perspektiven. Es ist eine Gelegenheit zu zeigen, dass unsere Regeln für die Behandlung von Investoren deutlich berechenbarer sind." Die russische Regierung hat die in Zypern geplante Zwangsabgabe scharf kritisiert. Bei zyprischen Banken haben auch viele wohlhabende Russen ihr Geld angelegt.

Großbritannien hat eine Ladung von einer Million Euro in bar per Hubschrauber nach Zypern fliegen lassen. Das Geld solle als Notversorgung für britische Militärangehörige und deren Familien, die auf Zypern stationiert sind, zur Verfügung stehen, falls Geldautomaten und Kreditkarten nicht mehr funktionierten, teilte das Verteidigungsministerium mit. Die britische Regierung hatte angekündigt, auf Zypern stationierten Militärs und Regierungsangestellten eine Sonderabgabe auf Bankguthaben zu erstatten.