Zwischen Links-Bündnis und Rechts-Allianz droht ein Patt. Ein Komiker erhält 25 Prozent

Rom/Brüssel . Europa hält den Atem an: Bei den Parlamentswahlen in Italien ist dem früheren Premierminister Silvio Berlusconi ein überraschendes Comeback gelungen.

Nach ersten Hochrechnungen liegt der Medien-Milliardär im Senat mit seinem Rechts-Bündnis leicht in Führung oder zumindest gleichauf mit der favorisierten Links-Allianz und ihrem sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Pier Luigi Bersani. Im Abgeordnetenhaus dagegen konnte Bersani offenbar einen leichten Vorsprung erzielen. Berlusconi, 76, wegen zahlreicher Skandale in der Kritik, hatte im Wahlkampf gegen die europäische Sparpolitik Stimmung gemacht und große Steuergeschenke versprochen.

Sensationell auf rund 25 Prozent in beiden Kammern kommt der Fernseh-Komiker Beppe Grillo mit seiner neuen populistischen Protestbewegung "Fünf Sterne". Abgeschlagen an vierter Stelle folgt die Liste des bisherigen Regierungschefs Mario Monti, auf den viele in Europa ihre Hoffnungen gesetzt hatten. Sein Bündnis der Mitte erhielt nach den Hochrechnungen nur rund 9,5 Prozent der Stimmen.

Damit droht in der drittgrößten Volkswirtschaft des Euro-Raums ein Patt - und damit chaotische Verhältnisse. Berlusconi wäre in der Lage, im Senat eine Regierung von Bersani zu torpedieren. "Wenn die Dinge so bleiben, wird das nächste Parlament unregierbar sein", sagte der stellvertretende Sekretär von Bersanis Demokratischer Partei (PD), Enrico Letta. "Dann wird es ein Erdbeben geben, nicht nur in Italien, sondern in ganz Europa."

Viele Politiker in Europa reagierten konsterniert auf die Meldungen aus Italien. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sprach in Hamburg von einer "schlechten Nachricht", sollte sich Berlusconis Erfolg im Senat bestätigen. "Nur eine Mehrheit von Bersani und Monti hilft Europa jetzt."

Auch in Brüssel war die Enttäuschung groß: "Das Schlimmste ist Ungewissheit", sagten EU-Diplomaten. Sobald Zweifel an der Sanierung der italienischen Wirtschaft entstünden, werde dies verheerende Folgen für die Stabilität des Euro haben. Als "Katastrophenszenario" galt in Brüssel ein Wahlergebnis, bei dem der Linke Bersani gemeinsam mit Monti im Abgeordnetenhaus zwar eine Mehrheit bekäme, die dann aber von einer Mehrheit Berlusconi/Grillo im Senat blockiert werden würde.

Der 64 Jahre alte Grillo, in den 90er-Jahren einer der bekanntesten TV-Entertainer des Landes, hatte den Wahlkampf mit extremen Forderungen geführt. Er verlangt den Austritt Italiens aus der Euro-Zone und will eine direkte Internet-Demokratie. Unermüdlich schürte er bei seiner "Tsunami-Tour" die Wut auf das etablierte System. Vor allem bei jungen Menschen kam dies gut an. Im Internet-Dienst Twitter folgen Grillo 884.000 Menschen.

Dennoch hatte kaum jemand mit einem solchen Erfolg für Grillo und Berlusconi gerechnet. Selbst in den ersten Prognosen kurz nach Schließung der Wahllokale um 15 Uhr hatte es zunächst noch nach einem deutlichen Sieg für die Links-Allianz von Bersani ausgesehen. Weltweit reagierten die Finanzmärkte erleichtert. Der deutsche Aktien-Leitindex DAX legte um 2,6 Prozent zu, auch der Dow Jones kletterte kräftig. Doch dann gab es lange Gesichter. Am Ende verlor der DAX den Großteil seiner Gewinne, und der Dow drehte ins Minus.