Prozess gegen Seif al-Islam al-Gaddafi findet im westlichen Libyens statt. Es geht um obskure Vorwürfe, nicht um Kriegsverbrechen.

Tripolis/Istanbul (dpa) – Der mit Spannung erwartete Strafprozess gegen Seif al-Islam al-Gaddafi hat in Libyen unter strengen Sicherheitsvorkehrungen begonnen. Der Sohn des früheren Machthabers Muammar al-Gaddafi erschien nach Angaben des libyschen Generalstaatsanwaltes am Donnerstag vor dem Strafgericht der westlichen Stadt Al-Sintan. Der Prozess sei auf den 5. Mai vertagt worden, um dem Angeklagten Gelegenheit zu geben, einen Verteidiger zu benennen.

In diesem ersten Verfahren ist der Diktatorensohn wegen der Weitergabe vertraulicher Unterlagen an Mitarbeiter des Internationalen Strafgerichtshofes angeklagt. Die Anklage wirft ihm außerdem vor, er habe im Juni vergangenen Jahres versucht, mit ihrer Hilfe seine Flucht aus der Haft vorzubereiten. Ein weiterer Prozess wegen seiner Rolle im Kampf gegen die Revolutionsbrigaden im Jahr

2011 soll später folgen. Die meisten libyschen Beobachter erwarten, dass der Sohn des früheren Machthabers in einem solchen Prozess wegen Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt wird.

Seif al-Islam al-Gaddafi hatte nach Beginn des Aufstandes im Februar 2011 mehrfach zum Kampf gegen die Aufständischen aufgerufen. Im November 2011 war er von einer Rebellenbrigade aus Al-Sintan in der Region Ubari im Süden aufgespürt worden. Die Miliz weigerte sich anschließend, ihren Gefangenen herauszugeben und bestand darauf, ihn in Al-Sintan zu inhaftieren. Dies begründete sie mit angeblichen Sicherheitsrisiken in den Haftanstalten der Hauptstadt Tripolis.

Die verschiedenen libyschen Übergangsregierungen haben sich geweigert, den Gaddafi-Sohn an den Internationalen Strafgerichtshof zu überstellen. Als Mitarbeiter des Gerichts den Häftling im Juni 2012 in Al-Sintan besuchten, wurden sie von den Gefängniswärtern für mehrere Tage eingesperrt.

Muammar al-Gaddafi hatte in Libyen von 1969 bis 2011 geherrscht. Im August 2011 verlor er die Kontrolle über die Hauptstadt. Zwei Monate später wurde er von Rebellen getötet.