Barack Obamas Vizepräsident Joe Biden soll die Vorschläge ausarbeiten - Lobby vergleicht den US-Präsidenten mit Hitler.

Hamburg. Der Drudge-Report, eine erzkonservative Nachrichten-Website in den USA mit nicht zu unterschätzendem politischen Einfluss in Washington, stellte gestern Fotos von Adolf Hitler und Josef Stalin auf seine Titelseite, dazu noch Fotos von weiteren sieben der schlimmsten Tyrannen und Massenmördern der neueren Geschichte. Diese "Experten", so hieß es, stimmten darin überein, dass Waffenkontrolle bestens funktioniere. Unter die Fotos der Diktatoren hatten die Drudge-Redakteure ein weiteres gemischt: das des wiedergewählten US-Präsidenten Barack Obama.

Liberale Medien empörten sich über die Kampagne, aber diese zeigt, welchen Grad des Fanatismus die Waffen-Debatte in den USA mancherorts erreicht hat. Nur zähneknirschend willigte die mächtige US-Waffenlobby NRA ein, Vertreter in ein Treffen mit US-Vizepräsident Joe Biden zu entsenden. Biden steht einer 20-köpfigen Kommission vor und hat den vordringlichen Auftrag von Obama erhalten, die Möglichkeiten für die Verschärfung der Waffengesetzgebung zu eruieren. Die NRA will sich mit allen Mitteln dagegen sperren. Notfalls wollen Obama und Biden jedoch am Kongress vorbei handeln - "per Dekret", wie Biden drohte.

Er soll bis Monatsende erste Vorschläge unterbreiten. Im Gespräch sind unter anderem Verbote von halbautomatischen Waffen und extragroßen Magazinen sowie eine US-weite Registrierung jedes einzelnen Kaufvorgangs.

Barack Obama, der nach einer zweiten Amtszeit nicht wiedergewählt werden kann, will nach dem Massaker in Newtown kurz vor Weihnachten, bei dem 20 Schüler erschossen wurden, rasch die Initiative ergreifen. Obama und er seien stärker als je zum Handeln entschlossen, sagte der 70-jährige Biden. Und er fügte mit Blick auf Newtown hinzu: "Irgendwann passiert etwas, das die Aufmerksamkeit einer Nation weckt."

Die Waffenlobby hat ihre Anhänger bereits mobilisiert und will noch unmittelbar vor der Einführung Obamas in seine zweite Amtszeit am 20. Januar einen "Waffen-Wertschätzungstag" in den USA organisieren. "Die NRA hat bewiesen, zu den finanziell stärksten und effektivsten Gruppen zu gehören, wenn es darum geht, die Meinung der Kongressmitglieder zu beeinflussen", schrieb die "Washington Post". Im Repräsentantenhaus haben die konservativen Republikaner die Mehrheit.

Experten schätzen, dass sich in den USA bis zu 300 Millionen Schusswaffen in den Händen von Privatpersonen befinden. Das wäre fast eine Waffe pro Kopf der US-Bevölkerung. Jedes Jahr sterben rund 30.000 Menschen in den Vereinigten Staaten durch Schusswaffen. Der Verkauf von Waffen ist nach dem Massaker von Newtown noch einmal sprunghaft angestiegen - viele Waffenfreunde fürchten strengere Auflagen beim Verkauf.