Klarer Sieg der Liberaldemokraten bei Parlamentswahl. Es wird erwartet, dass Abe harten Kurs gegenüber China einschlagen wird.

Tokio. Lahmende Wirtschaft, Wiederaufbau nach der Atomkatastrophe, angespanntes Verhältnis zu China: Nach dem Sieg seiner Liberaldemokratischen Partei (LDP) bei der japanischen Parlamentswahl hat Parteichef Shinzo Abe sein Land auf schwierige Zeiten eingestimmt. „Unsere Aufgabe ist es, all diese Krisen zu bewältigen“, sagte er am Montag in Tokio. Nach eigenen Angaben gewann die Partei bei der Wahl am Sonntag 294 der 480 Sitze im Unterhaus. Die Demokraten von Ministerpräsident Yoshihiko Noda wurden mit 57 Mandaten abgestraft, Noda trat noch am Wahlabend als Parteichef zurück.

„Wir haben mehr Sitze errungen als wir erwartet hatten“, sagte Abe. „Nun haben wir eine große Verantwortung.“ Der Weg werde nicht einfach werden. Der deutliche Sieg sei indes weniger ein Vertrauensbeweis der Wähler als vielmehr ein Zeichen der Unzufriedenheit der Japaner mit der amtierenden Regierung, räumte Abe ein. „Die Öffentlichkeit wird uns genau beobachten“, sagte er.

Gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner, der von einer großen buddhistischen Laienorganisation unterstützen Komeito-Partei, erreichten die Liberaldemokraten eine komfortable Zweidrittelmehrheit. Die LDP kündigte an, an dem Bündnis festhalten zu wollen. Zusammen verfügen die beiden Parteien über 325 Sitze im Unterhaus. Das Parlament wird voraussichtlich am 26. Dezember den neuen Ministerpräsidenten wählen. Abes Wahl gilt als sicher. Für Japan wäre der 58-Jährige der siebte Regierungschef innerhalb von sechseinhalb Jahren.

Härterer Kurs gegenüber China möglich

Mit dem Sieg der Liberaldemokraten, die das Land nach dem Zweiten Weltkrieg bis zu ihrer Abwahl 2009 fast durchgehend regiert hatten, dürfte Japan gegenüber den Nachbarn China, Nord- und Südkorea die Zügel wieder anziehen. Vor allem im Territorialstreit um die Inseln im Ostchinesischen Meer dürfte Abe einen härteren Kurs gegenüber China einschlagen. Seine Signale an Peking am Montag waren deutlich.

Er wolle das japanische „Territorium und unser schönes Meer“ beschützen, kündigte Abe an. Die Inselgruppe sei ein integraler Bestandteil des japanischen Territoriums und es gebe „keinen Raum für Gespräche“ darüber, stellte er klar. Er setze zwar auf gute Beziehungen zur Regierung in Peking und auf Dialog, könne aber nicht umgehend zu Gesprächen nach China reisen. Zugleich kündigte er an, im Januar oder Februar US-Präsident Barack Obama treffen zu wollen.

Chinesische Blogger reagierten mit massiver Kritik auf den Sieg der Liberaldemokraten. Manche riefen im Internet zu einem Boykott japanischer Waren auf.

Noda übernimmt Verantwortung für Niederlage der Demokraten

Weitere Herausforderungen für die neue Regierung sind vor allem die angeschlagene Wirtschaft des Landes und der Wiederaufbau nach dem Reaktorunglück in Fukushima im März 2011. „Die Wirtschaft hat sich in den vergangenen drei Jahren in einer schlechten Lage befunden – das muss jetzt unsere Top-Priorität sein“, sagte Abe am Sonntag in einem Fernsehinterview. Es wird erwartet, dass er die Staatsausgaben erhöhen und entschiedene Schritte der Zentralbank vorantreiben wird, um das Land aus der Deflationsfalle zu führen.

Der amtierende Regierungschef Noda übernahm die Verantwortung für das schlechte Ergebnis der Demokraten. „Ich entschuldige mich für mein Scheitern“, sagte er spätabends, als er als Parteichef zurücktrat. Für seine Partei, die zuvor über 230 Sitze verfügte, bedeutet das Wahlergebnis nach nur drei Jahren an der Macht eine empfindliche Niederlage. Viele Wähler werfen den Demokraten vor, eine Reihe von Wahlkampfversprechen nicht eingehalten zu haben. Für einige Verärgerung unter der japanischen Bevölkerung sorgte auch die Verdoppelung der Mehrwertsteuer, die Noda durchgesetzt hat. Er begründete den Schritt mit den zunehmenden Sozialkosten angesichts der Alterung der Bevölkerung.

Einige neu gegründete Parteien schafften am Sonntag den Sprung ins Parlament. Die rechtsgerichtete Japanische Restaurationspartei kam auf 54 Sitze, eine erst vor drei Wochen gegründete Anti-Atom-Partei erhielt acht Mandate.