EU-Ratsvorsitzender Herman Van Rompuy bei der feierlichen Verleihungszeremonie in Oslo: „Ich bin stolz, Europäer zu sein“.

Berlin. Bei feierlichen Zeremonien in Norwegen und Schweden sind am Montag die diesjährigen Nobelpreisträger ausgezeichnet worden. Den Friedensnobelpreis für die Europäische Union nahmen EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, EU-Kommissionschef José Manuel Barroso und der EU-Ratsvorsitzende Herman Van Rompuy im Osloer Rathaus entgegen. Die europäischen Staats- und Regierungschefs, die an der Verleihungszeremonie teilnahmen – darunter auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) -, quittierten die Verleihung mit Ovationen. Die Nobelpreise für Literatur, Chemie, Physik, Medizin und Wirtschaft übergab der schwedische König Carl XVI. Gustaf in der Stockholmer Konzerthalle.

Der Vorsitzende des norwegischen Nobelkomitees, Thorbjörn Jagland, wies in seiner Rede zur Verleihung des Friedensnobelpreises daraufhin, dass die EU den Kontinent nach zwei Weltkriegen wieder zusammengeschweißt habe. Er rief Europa auf, auch während der Schuldenkrise auf das Miteinander zu setzen und sich nicht wieder auf nationale Interessen zu beschränken.

Das Komitee hatte der EU am 12. Oktober überraschend den mit acht Millionen schwedische Kronen (930.000 Euro) dotierten Preis zugesprochen. Es würdigte damit den Beitrag der Union für die Verbreitung von Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechten in Europa.

„Die Union hat die Kunst des Kompromisses perfektioniert“, sagte Van Rompuy in seiner Dankesrede. Die EU habe das Zeitalter der Kriege in Europa beendet und eine Kultur der friedlichen Konfliktlösung etabliert. „Besser am (Verhandlungs-) Tisch kämpfen als auf dem Schlachtfeld“, zitierte Van Rompuy den Gründervater der Europäischen Union, Jean Monnet.

Angesichts der drängenden Probleme reiche das Versprechen des Friedens heute allerdings nicht mehr, um die Menschen für die EU zu begeistern. Europa werde derzeit auf die Probe gestellt. Es gelte, Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen. „Wir müssen wieder Meister unseres eigenen Schicksals werden“, sagte Van Rompuy. Er schloss seine Ansprache mit dem Bekenntnis „Ich bin stolz, Europäer zu sein“ auf Deutsch, Englisch und Französisch.

Kommissionspräsident Barroso unterstrich in seiner Rede die Einzigartigkeit der EU. „Unsere Union ist mehr als nur ein Zusammenschluss von Staaten. Sie ist eine neue Rechtsordnung, die nicht auf dem Machtgleichgewicht zwischen den Nationen, sondern auf dem freien Willen zu geteilter Souveränität basiert“, sagte Barroso. „Meine Botschaft lautet heute: Sie können sich auf unsere Anstrengungen verlassen, für dauerhaften Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit in Europa und der Welt zu kämpfen.“

Kritik an der Preisvergabe an die EU kam unter anderem von Amnesty International und der Linkspartei: Amnesty warf der EU vor, durch die Abschottung ihrer Grenzen Menschen in Not zu bringen. Linke-Parteichef Bernd Riexinger sagte am Montag in Berlin, niemand könne den Friedensnobelpreis bekommen, „der zu den größten Rüstungswaffenexporteuren der Welt gehört“. Die EU will das Preisgeld für Kinder stiften, die zu Kriegsopfern geworden sind.

In Stockholm wurden am späten Nachmittag auch die Nobelpreise für Medizin, Chemie, Physik, Literatur und Wirtschaft verliehen. Im Beisein der schwedischen Königsfamilie und zahlreicher geladener Ehrengäste würdigten die Laudatoren – eine Reihe schwedischer Professoren sowie der Autor Per Wästberg – die Errungenschaften der Preisträger in ihrem jeweiligen Feld, bevor König Carl XVI. Gustaf ihnen ihre Urkunden übergab. Im Anschluss an die Zeremonie war ein Bankett geplant, bei dem auch die Preisträger noch einmal das Wort ergreifen sollten.

Die Verleihung der Nobelpreise findet traditionell am 10. Dezember statt – dem Todestag ihres Stifters Alfred Nobel. Die Preisträger waren bereits Anfang Oktober bekannt gegeben worden.