In der Affäre um den zurückgetretenen CIA-Chef Petraeus gibt es eine neue Wendung. Jetzt ermittelt der Geheimdienst gegen den ehemaligen Mann an der Spitze. Die Frage ist: Was wird Petraeus eigentlich vorgeworfen?

Washington. Der ehemalige CIA-Direktor David Petraeus muss vor dem Kongress zum Angriff auf das US-Konsulat in der libyschen Stadt Bengasi aussagen. Im Mittelpunkt sollten die Fragen stehen, wer zu welchem Zeitpunkt etwas über den Angriff erfuhr und welche Schritte unternommen oder unterlassen wurden.

Auf Petraeus, der vor einer Woche wegen einer außerehelichen Affäre zurücktrat, warteten kritische Fragen in den Geheimdienstausschüssen von Senat und Repräsentantenhaus.

Bei dem Angriff am 11. September waren US-Botschafter Christopher Stevens, ein Diplomat und zwei Navy-Seals-Kommandosoldaten ums Leben gekommen. Kurz vor Präsidentschaftswahl hatten Politiker der Republikaner interne Unterlagen zugespielt bekommen, aus denen hervorging, dass es bereits vor den stundenlangen Gefechten in Bengasi Sicherheitsbedenken gab. Zudem sollen Agenten und Sicherheitskräfte während der Kämpfe am Konsulat vergeblich ihre Hilfe angeboten und weitere Unterstützung angefordert haben.

Oppositionelle Republikaner halten der Regierung vor, sie habe den tödlichen Angriff zunächst als spontane Demonstration ausgegeben, bei der radikale Muslime ihre Wut über ein anti-muslimisches Schmähvideo aus den USA ausgelassen hätten. Dagegen habe es sich in Wirklichkeit um einen gezielten Terrorangriff gehandelt.

Wie der TV-Sender CNN berichtete, habe Petraeus bereits früh Hinweise erhalten, dass es sich um einen Terrorangriff gehandelt haben soll. Anderslautenden Berichte habe er für falsch gehalten und ihnen keinen Glauben geschenkt.

Bei einer ersten Anhörung am Donnerstag wurden den Mitgliedern ein Video über den Überfall gezeigt. Republikaner kritisierten danach scharf, es habe Stunden gedauert, bis in Bengasi Spezialeinheiten zur Hilfe geeilt seien. „Es war keine Demonstration, es war ein terroristischer Akt“, sagte der republikanischer Senator Roy Blunt.

Bei dem Streit geht es auch um die mögliche Nominierung der amerikanischen UN-Botschafterin Susan Rice als Obamas künftige Außenministerin. Einige Republikaner werfen ihr massiv vor, den wahren Charakter der Attacke von Bengasi verschleiert zu haben. Sie seien daher entschlossen, eine notwendige Zustimmung für Rice im Senat zu verhindern. Obama hat sich zwar noch nicht festgelegt, doch Rice gilt als eine Anwärterin für die Nachfolge von Außenministerin Hillary Clinton. Auch Clinton soll im Dezember in einem Kongress-Ausschuss zu Bengasi aussagen.

US-Präsident Barack Obama hatte am erst Vortag vor Journalisten erklärt, seines Wissens habe es in der Affäre Petraeus bisher keinen Geheimnisverrat gegeben. Der ehemalige Vier-Sterne-General habe den Hut genommen, weil er seinem eigenen Verhaltensstandard nicht gerecht geworden sei, betonte Obama. Petraeus hatte seinen Rückzug vor einer Woche selbst mit einer außerehelichen Affäre begründet.

Am Freitag sollte Petraeus in Kongress-Geheimdienstausschüssen hinter verschlossenen Türen zum tödlichen Angriff auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi aussagen. Kritiker werfen der CIA und dem Außenministerium vor, das Konsulat nicht genügend geschützt und die Öffentlichkeit über die wahren Hintergründe des Angriffs getäuscht zu haben.