Militär spricht von Warnschüssen nach Beschuss von Golan-Höhen. Granate soll nahe einer jüdischen Siedlung explodiert sein.

Jerusalem/Beirut. Erstmals seit Beginn des Aufstands in Syrien hat das israelische Militär in dem Konflikt die Waffen sprechen lassen und Warnschüsse ins Nachbarland abgefeuert. Die Armee habe damit auf eine syrische Granate reagiert, die auf den Golan-Höhen nahe einer jüdischen Siedlung explodiert sei, war am Sonntag aus israelischen Sicherheitskreisen zu erfahren. Es habe keine Verletzten gegeben. Die Regierung in Jerusalem hatte die Führung in Damaskus wiederholt vor Grenzverletzungen gewarnt. Auch in anderen Grenzgebieten dauerte die Gewalt am Wochenende an. Bei einem Doppelanschlag auf eine syrische Kaserne starben nach Oppositionsangaben mindestens 20 Soldaten. Bei einem Treffen in Doha suchte die zersplitterte Opposition derweil den Schulterschluss.

In Syrien tobt seit mehr als anderthalb Jahren ein Aufstand gegen die Herrschaft von Staatschef Baschar al-Assad. Bei den Kämpfen zwischen Rebellen und Armee sind in den vergangenen 19 Monaten schätzungsweise 38.000 Menschen getötet worden. Mehr als 400.000 Syrer sind nach UN-Angaben vor der Gewalt ins Ausland geflüchtet. Bei der Verfolgung von Aufständischen in Syrien schlugen schon mehrfach Geschosse auf den von Israel seit 1967 besetzten Golan-Höhen ein. Dabei soll es sich vor allem um Querschläger gehandelt haben. Auch sollen syrische Panzer in die entmilitarisierte Zone eingedrungen sein.

Das israelische Militär sprach von Warnschüssen und reichte wegen des vorangegangenen Beschusses aus Syrien eine Beschwerde bei der UN-Beobachtermission ein. Die Vereinten Nationen sind mit etwa 1000 Blauhelmen in der Region vertreten. Eine Stellungnahme der UN-Beobachter lag zunächst nicht vor. Neben Israel wächst auch in anderen Nachbarländern wie dem Libanon oder der Türkei die Sorge vor einem Übergreifen der Gewalt in Syrien auf ihre Grenzgebiete.

So bombardierte das syrische Militär am Sonntag nach Angaben der Opposition Stellungen der Rebellen an der Grenze zur Türkei. Hubschrauber hätten Raketen auf ein Gelände in der Nähe des Dorfes Tal Halaf abgefeuert, berichteten Aktivisten. Zudem hätten Soldaten mit Artilleriegranaten einen Grenzposten in der Provinz Hasaka beschossen, den die Aufständischen erst vor wenigen Tagen eingenommen hätten. Bei Gefechten an der türkischen Grenze waren zuvor wiederholt Geschosse auf türkischem Territorium eingeschlagen. Die Türkei berät deswegen mit der Nato über die Stationierung eines Abwehrsystems zum Schutz vor Raketen aus dem Bürgerkriegsland.

Bei einem Doppelanschlag auf eine Kaserne in der syrischen Stadt Deraa starben nach Oppositionsangaben mindestens 20 Mitglieder der Sicherheitskräfte. Zwei mit Sprengstoff beladene Fahrzeuge seien am Sonnabend im kurzen Abstand voneinander in das Militärlager gerast, teilte die in London ansässige Syrische Beobachterstelle für Menschenrechte mit. Offenbar handelte es sich um zwei Selbstmordattentate. Im Staatsfernsehen war von drei Bombenanschlägen an verschiedenen Orten in Deraa die Rede. Dabei habe es sieben Todesopfer unter Zivilisten gegeben. Die widersprüchlichen Meldungen lassen sich kaum überprüfen, weil Syrien eine unabhängige Berichterstattung unterbindet.

Bei den Verhandlungen in Doha schlossen sich mehrere syrische Oppositionsgruppen aus dem In- und Ausland zu einem neuen Bündnis im Kampf gegen Präsident Assad zusammen. Es sei eine vorläufige Einigung für eine Allianz erzielt worden, sagte der Delegierte einer islamistischen Gruppe. Das neue Bündnis heiße Nationale Koalition der Oppositionskräfte und der Syrischen Revolution.