Am kommenden Dienstag bestimmen die US-Bürger ihren neuen Präsidenten. Das Verfahren ist jedoch komplex und langwierig.

Hamburg. Der Wahlkampf zwischen Barack Obama und Mitt Romney ist so eng wie lange kein Präsidentschaftsduell mehr. Am Dienstag entscheiden die Amerikaner darüber, wer in den nächsten vier Jahren im Weißen Haus regiert. Das Ergebnis steht vermutlich erst am Mittwochmorgen unserer Zeit fest. Das Hamburger Abendblatt hat die wichtigsten Fakten zur Wahl und Geschichten rund um den US-Präsidenten zusammengestellt:

Immer wieder dienstags: Gewählt wird in den USA seit Mitte des 19. Jahrhunderts immer am ersten Dienstag im November - außer dieser Tag fällt auf den 1. November, dann ist der zweite Dienstag Wahltag. Die Gründe dafür sind, dass nicht am Sonntag gewählt werden soll, dass man früher einen Tag Reisezeit bis zum Wahllokal einrechnen musste und dass die Ernte der Bauern schon eingefahren sein sollte.

Ohne Gegenkandidat: Der erste Präsident war auch der Einzige, der ohne Gegenkandidat einstimmig von den Wahlmännern gewählt wurde: George Washington (Amtszeit von1789 bis 1797). Ein Präsident muss US-Bürger sein, in den USA geboren und mindestens 35 Jahre alt. Zuletzt gab es bei John McCain eine Debatte darüber, ob der in Panama geborene Kandidat ein Amerikaner nach diesem Verständnis sei.

Rekord-Präsident: Viermal wurde Franklin D. Roosevelt zum Präsidenten gewählt: 1932, 1936, 1940 und 1944. Er starb noch vor Kriegsende 1945. Im 22. Verfassungszusatz von 1951 wurde die Amtszeit auf acht Jahre beschränkt.

Alle Stimmen für den Sieger: Wer einen Staat gewinnt, bekommt alle Wahlmännerstimmen. Die Zahl der Wahlmänner wird durch die Bevölkerungszahl eines Staates bestimmt. Das kann dazu führen, dass der Kandidat Präsident wird, der gar nicht die Mehrzahl der Stimmen der Amerikaner erlangt hat. Zuletzt passierte dies im Jahr 2000, als George W. Bush (50,4 Millionen Stimmen) gewann, obwohl Al Gore (50,9 Millionen) mehr Wähler hatte. Bush hatte in bevölkerungsreichen Staaten knapp gewonnen, Gore hatte großen Vorsprung in Staaten mit wenigen Wahlmännern.

Ergebnis um fünf Uhr morgens: Die Wahllokale an der Westküste schließen um 20 Uhr Ortszeit, das ist 5 Uhr morgens in Deutschland (MEZ). Obama hat die Stimmen von Kalifornien fest gebucht. Sollte bis dahin Romney führen, muss er zittern. Experten glauben, dass viele Wähler schon nicht mehr zur Urne gehen, wenn sie hören, dass in Staaten, in denen die Wahllokale geschlossen sind, ein Kandidat klar in Führung liegt und sich ein Trend abzeichnet.

Die Wahlnacht live: ARD, ZDF, RTL gemeinsam mit n-tv, N24 und Phoenix senden jeweils eine lange Wahlnacht ab abends. CNN ist im Hamburger Kabel zu empfangen und sendet nonstop. Phoenix übernimmt die Berichterstattung des US-Senders CBS. Auch Abendblatt.de berichtet in Livetickern, Videos und Bildergalerien.

Mehr Latinos als Afroamerikaner: Rund 230 Millionen Amerikaner sind wahlberechtigt. Darunter sind 185 Millionen Menschen, die sich als "weiß" bezeichnen, 32,5 Millionen Latinos, 27,4 Millionen Afroamerikaner und 11,0 Millionen Menschen asiatischer Herkunft.

Die Wackelstaaten: 270 Wahlmännerstimmen braucht ein Präsident. Obama sind 142 sicher und 123 wahrscheinlich. Romney hat im Prinzip 76 sicher und 115 wahrscheinlich. Bleiben 82 Stimmen aus den sogenannten Swing States, jenen Staaten, in denen sich noch keine Mehrheit für den einen oder anderen Kandidaten abzeichnet. Dazu gehören Ohio (18), Virginia (13), North Carolina (15), Florida (29), Colorado (9) und Nevada (6).

Die Kongresswahlen: Am Tag der Präsidentschaftswahl wird auch der Kongress gewählt. Der Wahlausgang hat entscheidenden Einfluss darauf, wie der nächste Präsident agiert. Im Repräsentantenhaus müssen sich alle 435 Abgeordneten den Wählern stellen, im Senat ein Drittel der 100 Senatoren.

Votum über die Todesstrafe: Am Tag der Wahl wird in Kalifornien auch über die Todesstrafe entschieden. Fällt sie, bleibt 726 Gefängnisinsassen die Giftspritze erspart.

Einer zählt doppelt: Barack Obama ist der 44. Präsident der USA. Als einziger Amtsinhaber gewann Grover Cleveland zwei nicht aufeinanderfolgende Wahlen. Er amtierte von 1885 bis 1889 und von 1893 bis 1897. Deshalb wird er in den Geschichtsbücher zweimal gezählt, als 22. und 24. Präsident.

Tod im Weißen Haus: Die kürzeste Amtszeit mit 31 Tagen im Weißen Haus hatte 1841 William Henry Harrison. Harrison hielt eine rekordverdächtig lange Rede zur Amtseinführung im winterlichen Washington - ohne Hut und Mantel. An der Lungenentzündung, die er sich dabei zuzog, ist er verstorben.

Ermordet: Acht Präsidenten starben im Amt, vier davon durch Mord: Abraham Lincoln (1865), James Garfield (1881), William McKinley (1901), John F. Kennedy (1963).

Im Flugzeug vereidigt: Wenn der Präsident stirbt, folgt ihm der Vizepräsident im Amt nach. Zuletzt geschah dies 1963, als Lyndon B. Johnson in der Maschine vereidigt wurde, die ihn vom Schauplatz des Mordes an John F. Kennedy aus Dallas nach Washington brachte.

Potus und Flotus: Der Secret Service vergibt den Präsidenten Codenamen. Barack Obama heißt "Renegade", Abtrünniger. Bei Mitarbeitern heißen Amtsinhaber auch Potus, President of the United States und ihre Gattinnen Flotus, First Lady of the United States.

Der doppelte Eid: Jeder Präsident muss vor einem Richter des Supreme Courts vor jeder Regierungsperiode den Amtseid ablegen - und zwar in exaktem Wortlaut. Deshalb musste Barack Obama es zweimal tun. Verfassungsrichter John G. Roberts jr. hatte im Januar 2009 einen Satz verdreht. Obama sagte den falsch sortierten Satz nach, stockte und sprach dann weiter. Um den Formalitäten zu genügen, wurde die Zeremonie im Weißen Haus wiederholt. Schon 1923, als Warren Harding starb, wollte Vizepräsident Calvin Coolidge den Eid schnell ablegen. Doch er war auf dem Sommersitz seines Vaters in Vermont. Vater Coolidge war Notar und nahm dem Sohn den Eid ab. Später dann Wiederholung im Weißen Haus.

Die TV-Duelle: Mit 67 Millionen Fernsehzuschauern schalteten die meisten US-Bürger das erste TV-Duell zwischen Barack Obama und Mitt Romney ein, seit sich 1980 Jimmy Carter und Ronald Reagan duellierten (80 Millionen). Zum Vergleich: Die meistgesehene Sendungen der US-Fernsehgeschichte sind Football-Endspiele oder die Oscar-Verleihungen mit zum Teil über 110 Millionen Zuschauern.

Die Wirtschaftslage entscheidet die Wahl: Wichtigstes Wahlkampfthema war die Konjunktur. Seit dem Sieg von Bill Clinton über George Bush senior (Wahlkampfspruch: "It's the economy, stupid") spielen Jobs und Wirtschaft die größte Rolle. 13 Millionen Amerikaner haben keine Arbeit (8,1 Prozent). Obama will die öffentlichen Ausgaben erhöhen, erneuerbare Energien fördern. Die Reichen sollen etwas mehr Steuern zahlen. Romney ist als ehemaliger Hedgefonds-Manager wirtschaftsliberal. Den Unternehmen will er keine Auflagen machen, die Öl- und Gasförderung in den USA ankurbeln. Romney setzt auf einheitlich niedrige Steuern für alle Amerikaner.

2800 Amerikaner in Hamburg: Etwa 158 700 US-Bürger in Deutschland sind wahlberechtigt, darunter 50 000 Soldaten und 15 000 amerikanische Zivilangestellte. Ihre Stimme zählt in dem Bundesstaat, in dem sie in den USA gemeldet sind. In Hamburg leben etwa 2800 US-Bürger, in Norddeutschland rund 20 000. Das Generalkonsulat in Hamburg ist eines der ersten US-Konsulate überhaupt gewesen. Es wurde am 17. Juni 1790 gegründet.

Deutsche glauben an Obama: Nach einer YouGov-Umfrage für "Zeit Online" würden 85 Prozent der Deutschen Obama wählen. Dass er es wieder schafft, glauben 76 Prozent der Deutschen. Acht Prozent räumen Romney bessere Chancen ein. In einer Forsa-Umfrage sehen 81 Prozent Obama vorn. 92 Prozent der Deutschen würden demnach Obama ihre Stimme geben, vier Prozent würden sich für Romney entscheiden.

Die Sponsoren: Einer der größten Wahlkampfspender für Obama ist der Filmproduzent Jeffrey Katzenberg (DreamWorks), der 2,5 Millionen Dollar spendete. Für Romney spendete der Kasinobesitzer Sheldon Adelson 34,2 Millionen Dollar.

1,6 Milliarden Dollar für den Wahlkampf: Wie hoch genau die Ausgaben für den Wahlkampf sein werden, ist noch nicht berechnet. 2008 hatte Obama rund 730 Millionen Dollar (583 Millionen Euro) ausgegeben. John McCain zahlte etwa 333 Millionen für seinen erfolglosen Anlauf auf das Weiße Haus. Das Geld wird durch Spenden aufgebracht. In diesem Jahr liegen Obama und Romney auf Rekordkurs, beide dürften jeweils etwa 800 Millionen Euro ausgeben.

Die längste Wahl: Im Jahr 2000 stand erst 35 Tage nach der Wahl durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs fest, dass der Republikaner George W. Bush und nicht der Demokrat Al Gore Präsident wird. Mit dem Urteil fielen die Wahlmännerstimmen Floridas an Bush. Es hatte Unregelmäßigkeiten beim Zählen gegeben. Gouverneur von Florida war damals der Bruder von George W. Bush, Jeb Bush.

Wahlpartys in Deutschland: In Hamburg wird es entgegen der Tradition keine Wahlparty geben. 2008 feierten Amerikazentrum, Amerikaner und Hamburger groß in der Bucerius Law School. Das Amerikazentrum bietet aber eine Tour zur Party in die Amerikanische Botschaft nach Berlin an. Am Tag nach der Wahl erläutert Generalkonsulin Inmi Patterson die Ergebnisse mit Experten. Am 13. November gibt es in Hamburg gleich zwei Veranstaltungen, die sich mit der Wahl befassen: Um 19 Uhr im Amerikazentrum in der HafenCity (Konrad-Adenauer-Stiftung) und um 18.30 Uhr im Warburg-Haus (Amerika Gesellschaft und Harvard Club).