50 Millionen Menschen warten auf den Monstersturm – Bis zu 3,30 Meter hohe Flutwelle in Manhattan befürchtet - Katastrophenstimmung statt Wahlkampfendspurt

New York. Hurrikan „Sandy“ hat bereits vor seiner Ankunft an der Ostküste der USA die dichtbesiedelte Region mit 50 Millionen Menschen zum Stillstand kommen lassen. Tausende Flüge wurden gestrichen, Zugverbindungen abgesagt, Schulen und U-Bahn-Systeme geschlossen. Die New Yorker Börse setzte am Montag den Handel aus. Auch die Vereinten Nationen machten dicht.

„Sandy“, der draußen auf dem Atlantik in seinem Zentrum Windgeschwindigkeiten von mehr als 280 Kilometern pro Stunde erreichte, kann auf seinem in der Nacht zum Dienstag erwarteten Weg von New York über Washington, Baltimore und Philadelphia mit zwei winterlichen Wetterfronten kollidieren. Das könnte einen Monstersturm entstehen lassen, der auf 1.380 Kilometern von der Ostküste bis zu den Großen Seen großes Unheil anrichten könnte. „Sandy“ hat bereits bei seinem Zug durch die Karibik mindestens 69 Menschen in den Tod gerissen.

Präsident Barack Obama sagte Wahlkampftermine ab - Katastrophenstimmung statt Wahlkampfendspurt für die Präsidentenwahl am 6. November. Sein republikanischer Herausforderer Mitt Romney ließ mitteilen, er lasse sich stündlich über die Lage unterrichten.

Drei Meter hohe Flutwelle als „Worst-Case-Szenario“

Doch „Sandy“ und die beiden Winterwetterfronten sind noch nicht alles: Da zur Zeit auch noch Vollmond ist, könnten New York City, Long Island und das nördliche New Jersey im Zusammenspiel mit den Gezeiten von einer bis zu 3,30 Meter hohen Flutwelle getroffen werden. „Das ist das Worst-Case-Szenario“, sagte ein Experte der Nationalen Ozeanischen und Atmosphärischen Behörde (NOAA), Louis Uccellini.

Obama besuchte die Katastrophenschutzzentrale in Washington und kündigte umfassende und unbürokratische Hilfe an. Für sechs Staaten - Massachusetts, Connecticut, Rhode Island, New York, New Jersey und Pennsylvania – rief er den Ausnahmezustand aus.

Der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg ordnete am Sonntag die Evakuierung niedrig liegender Stadtteile an. Wer sich nicht in Sicherheit bringe, gefährde nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das der Menschen, die dann zu Hilfe eilten, sagte Bloomberg. Der Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, sagte: „Seien Sie nicht blöd. Gehen Sie!“

Auch der Leiter der Katastrophenschutzbehörde FEMA, Craig Fugate, rief die Bevölkerung eindringlich auf, gefährdete Gebiete zu verlassen. Die Zeit des Redens und der Vorbereitungen sei abgelaufen. „Die Leute müssen jetzt handeln“, sagte Fugate am Sonntag.

Fluggesellschaften strichen in dem Gebiet nach Angaben des Internetdienstes FlightAware bis zum Montag mehr als 7.600 Flüge, auch viele Verbindungen von und nach Deutschland waren betroffen. Die Eisenbahngesellschaft Amtrak stellte den Passagierbetrieb im Nordosten der USA ein.

In New York, Philadelphia, Washington, Baltimore und Boston blieben die Schulen geschlossen. Notunterkünfte wurden geöffnet. Die New Yorker U-Bahn stellte am Sonntag den Verkehr ein, normalerweise betriebsame Bahnhöfe wie die Central Station waren verwaist. Auch in Washington und Philadelphia war der U-Bahn-Verkehr stillgelegt. Der Parketthandel an der New Yorker Aktienbörse blieb am Montag ebenso wie an der Rohstoffbörse NYMEX geschlossen. Der elektronische Handel werde aber fortgesetzt, erklärten beide Börsen am Sonntag.

14 Menschen aus Seenot gerettet

Die Verhängung des Ausnahmezustandes in sechs Staaten durch Obama ermöglichte es Bundesbehörden und Institutionen, bereits deutlich vor der Ankunft „Sandys“ die jeweiligen US-Staaten bei den Vorbereitungen auf das befürchtete Chaos zu unterstützen. Sollte New York von der befürchteten Riesenwelle getroffen werden, wären allein dort 20 Millionen Menschen gefährdet. Außerdem befindet sich in Manhattan eines der großen Kommunikationsnervenzentren der USA. Dessen Einrichtungen könnten von der Flutwelle lahmgelegt werden.

Rund 200 Kilometer vor der Küste von North Carolina geriet ein Großsegler in Seenot, wie die Küstenwache mitteilte. Das Schiff, ein durch den Film „Meuterei auf der Bounty“ bekannter Nachbau des Segelschiffs, nehme Wasser auf und habe keinen Antrieb mehr. 14 Menschen wurden geborgen, zwei wurden zunächst noch vermisst.