Gegen den ehemaligen Kammerdiener von Papst Benedikt XVI. ist im Skandal um die Weitergabe vertraulicher Dokumente Anklage erhoben worden. Der seit Mai im Kirchenstaat inhaftierte Paolo Gabriele muss sich wegen schweren Diebstahls vor Gericht verantworten. So soll er einen für den Papst bestimmten Scheck über 100.000 Euro an sich genommen haben. Sein Anwalt wies den Vorwurf zurück.

Rom. Der angeklagte Ex-Kammerdiener von Papst Benedikt XVI. ist nach Angaben seines Verteidigers betrübt über die Vorfälle rund um die „Vatileaks“-Affäre. Das sagte Anwalt Carlo Fusco dem Sender Tgcom24. „Paolo ist ein Mann, der nun nachdenken will. Nach der Zusammenarbeit erwartet er das Urteil“, betonte er mit Blick auf den vermutlich im Herbst beginnenden Prozess wegen schweren Diebstahls, wie die Nachrichtenagentur Ansa am Dienstag berichtete. Die Zukunft seines Mandanten hänge nun von dem Urteil ab und dem, was in den kommenden Monaten passiere. Neben dem Ex-Diener Paolo Gabriele muss sich auch ein Informatiker aus dem päpstlichen Staatssekretariat vor Gericht wegen Beihilfe zum Diebstahl verantworten.

Bei Gabriele waren neben vertraulichen Vatikan-Dokumenten, die später auch ihren Weg in die Medien fanden, weitere Gegenstände aus dem päpstlichen Haushalt wie ein Goldstück gefunden worden. Dazu sagte Verteidiger Fusco: „Paolo wusste nicht einmal, dass er dieses Stück zu Hause hatte.“ Es müsse erst noch herausgefunden werden, um was es sich genau handele. In jedem Fall müsse der Gegenstand zu jenen Dingen gehört haben, die sein Mandant manchmal mit nach Hause genommen habe, um sie anschließend in einem Lager für Geschenke an den Papst zu deponieren. Darüber hinaus waren den Ermittlern zufolge bei dem Ex-Diener ein Scheck über 100 000 Euro und ein wertvolles Buch aus dem 16. Jahrhundert gefunden worden.

Die vatikanische Justiz beschäftigt sich mit der "Vatileaks"-Affäre: Mit der Veröffentlichung des Untersuchungsberichts und der Anklageschrift werden immer mehr Einzelheiten zu den Ermittlungen im Vatikan bekannt. So habe der Ex-Kammerdiener von Papst Benedikt XVI., der sich zusammen mit einem weiteren Angeklagten wohl im Herbst vor einem vatikanischen Gericht verantworten muss, der Kirche unterm Strich etwas Gutes tun wollen. Dies geht aus den am Montag veröffentlichten und auch ins Internet gestellten Unterlagen der vatikanischen Ermittler hervor. Paolo Gabriele wird schwerer Diebstahl zur Last gelegt, einem Informatiker aus dem päpstlichen Staatssekretariat Beihilfe dazu.

Dem im Mai festgenommenen und inzwischen in den Hausarrest entlassenen Ex-Diener Benedikts wird vorgeworfen, vertrauliche Dokumente vom päpstlichen Schreibtisch entwendet zu haben, von denen einige brisante in die Medien gelangten. Darunter waren Unterlagen zu einem angeblichen Mordkomplott gegen den Papst und zu umstrittenen Geschäften der Vatikan-Bank IOR. Im Rahmen der Ermittlungen habe Gabriele angegeben, er habe sich als „Verbindungsmann des heiligen Geistes“, gegen das „Böse und die Korruption“, die „überall“ seien, erheben wollen, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa. Er sei sicher gewesen, dass ein Schock, auch über die Medien heilsam sein könnte, um die Kirche wieder auf den richtigen Weg zu bringen.

Die „Vatileaks“-Affäre um die Weitergabe vertraulicher Dokumente aus dem Vatikan an die Presse wird vor Gericht aufgearbeitet. Prozessbeginn könnte im Oktober sein. Der Vatikan schließt nicht aus, dass es Untersuchungen zu möglichen weiteren Hintermännern des Ex-Dieners geben könnte. Diesem drohen wegen schweren Diebstahls mehrere Jahre Haft. Benedikt kann kraft seines Amtes jedoch intervenieren und den Mann begnadigen. Beim Papst hat sich der frühere Kammerdiener inzwischen entschuldigt.

Der Vatikan veröffentlichte am Montag sowohl den Untersuchungsbericht als auch die Anklageschrift gegen die beiden Männer. Im Zuge der Ermittlungen wurden bei dem 46-jährigen Gabriele nicht nur Dokumente sichergestellt. Auch ein auf Benedikt ausgestellter Scheck über 100 000 Euro sowie weitere an den Papst gerichtete Geschenke seien gefunden worden. Gabrieles Anwalt sagte Ansa zufolge, sein Mandant habe nichts von dem Scheck gewusst und auch nie vorgehabt, diesen einzulösen. Auch Vatikan-Sprecher Federico Lombardi schloss finanzielle Beweggründe aus.

Als ein Motiv gab der Kammerdiener zudem an, er habe den Eindruck gehabt, der Papst werde falsch informiert. Das habe ihn persönlich interessiert. Er habe die Unterlagen fotokopiert, damit keine Originale verschwinden. Dass er Gegenstände des Papstes zuhause hatte, begründete er mit seiner Unordentlichkeit. Laut Radio Vatikan kamen psychiatrische Gutachten Gabrieles zu dem Schluss, der Familienvater habe seelische Probleme. Dennoch sei der Richter von einer Schuldfähigkeit ausgegangen und es sei Anklage erhoben worden.

Neben Gabriele muss sich auch ein weiterer Vatikan-Angestellter vor Gericht verantworten. Bei diesem soll es sich um einen Bekannten Paolo Gabrieles handeln, einen 48 Jahre alten Informatiker aus dem päpstlichen Staatssekretariat.

Vatikan-Sprecher Lombardi betonte laut Ansa jedoch, dass dieser nicht als Komplize zu sehen sei, da seine Vergehen weitaus weniger gravierend seien als die des früheren Kammerdieners. Der Informatiker war bereits nach einer Nacht wieder aus der Haft entlassen worden und ist derzeit von seinen Aufgaben entbunden, bekommt aber weiter sein Gehalt.

Mit Material von dapd und dpa