Erst Ende der Woche steht fest, ob der Kammerdiener des Papstes angeklagt wird. Die These vom reuigen Einzeltäter stößt weiterhin auf Skepsis.

Vatikanstadt. Spätestens Ende der Woche will die vatikanische Justiz über die weiteren Schritte gegen den päpstlichen Kammerdiener Paolo Gabriele, 46, entscheiden. Nach drei Anhörungen des Beschuldigten - die letzte am 21. Juli dauerte sieben Stunden - muss Staatsanwalt Nicola Picardi seine Anklage fertigstellen. Danach wird Richter Piero Antonio Bonnet entscheiden, ob ein Prozess gegen den untreuen Butler, dem schwerer Diebstahl vertraulicher Papstdokumente zur Last gelegt wird, eröffnet oder ob der Fall niedergeschlagen wird - was weniger wahrscheinlich ist.

Eigentlich war der Abschluss der Ermittlungsphase schon für Montag erwartet worden. Aber die Justiz brauche noch einige Tage länger, war am Wochenende aus dem vatikanischen Presseamt zu hören. Und während Gabrieles Verteidiger Carlo Fusco mit einem Prozessbeginn im Herbst rechnet, tauchen in den Medien neue Versionen und Spekulationen über Tathergang und Hintergründe von VatiLeaks auf, in die der Kammerdiener verwickelt ist.

So titelte die Zeitung "Corriere della sera" am Sonntag: "Der Rabe gesteht: So habe ich gehandelt". Statt spannender Enthüllungen erfährt der Leser freilich nur, dass Gabriele selbst der vermummte vatikanische "Zeuge" in der ersten Enthüllungssendung im Fernsehen am 22. Februar gewesen sein soll. Das hatten Insider aufgrund von Gestik, römischem Akzent und maßgeschneiderter Jacke bereits seit Längerem vermutet. Dann lässt der "Corriere" wissen, dass der Butler die gestohlenen Papstdokumente auch in der Playstation seines Sohnes versteckt habe. Im Übrigen behauptet das Blatt, dass Gabriele die Tat gestanden und sich als Einzeltäter bezeichnet hat.

Die These vom reuigen Einzeltäter, wie sie auch Gabrieles Verteidiger Fusco propagiert, stößt weiterhin auf Skepsis. Zwar fehlt nach wie vor eine schlüssige Erklärung für den Dokumentendiebstahl, der ein Klima des Misstrauens geschaffen hat. Auch die These einer großen deutschen Tageszeitung, wonach Neid und Missgunst von drei namentlich genannten Vatikanvertretern hinter VatiLeaks stehen sollen, wurde offenbar so energisch dementiert, dass sie in den Medien keine Rolle mehr spielt. Aber weiterhin scheint unwahrscheinlich, dass der als "eher schlicht" bezeichnete Gabriele ohne Hilfe von außen ganz allein diese kriminelle Energie entfaltet haben soll.

Zum Abschluss der Anhörungen hatte Benedikt XVI. am 26. Juli die vatikanischen Ermittler und Justiz-Instanzen aufgefordert, dem Fall "mit Sorgfalt" nachzugehen. Das bedeutet, dass es ihm um Transparenz und Klarheit über VatiLeaks geht. Denn nur dadurch, so hört man immer wieder in Rom, ließen sich der große Ansehens- und Vertrauensverlust für die vatikanische Kurie wieder reparieren.