Merkel mahnt zu Reformen und Bekämpfung der Korruption. Und sie stellt mehr Unterstützung bei der Konfliktlösung im Kosovo in Aussicht.

Pristina. Zumindest auf ihrem Begrüßungsplakat lächelt Angela Merkel zuversichtlich. "Frau Bundeskanzlerin, herzlich willkommen" steht unter ihrem Porträt in Kosovos Hauptstadt Pristina. In den Straßen stehen winkende Menschen, Schüler schwenken Fahnen. Keine Frage, die deutsche Kanzlerin wurde bei ihrem gestrigen Kurzbesuch im Kosovos warm empfangen. Schließlich soll sie helfen, Ruhe in das krisengeschüttelte Gebiet zu bringen.

Doch das ist eine Aufgabe, an der die internationale Gemeinschaft seit mehr als zehn Jahren zu beißen hat. Bereits seit 1999 sind auch deutsche Soldaten als Teil der internationalen Schutztruppe Kosovo Force (Kfor) im Land, doch noch immer brodeln ethnische Konflikte. Vor allem die Beziehung zum Nachbarn Serbien ist schwierig.

Bei ihrem Gespräch mit dem kosovarischen Ministerpräsidenten Hashim Thaci mahnte Bundeskanzlerin Merkel nun zu ernsthaften Reformen zur Stabilisierung des Landes und zur Lösung des Grenzkonflikts mit Serbien. So forderte sie unter anderem, weitere Anstrengungen bei der Schaffung rechtsstaatlicher Prinzipien. Die Kosovo-Regierung müsse sehr verantwortungsbewusst handeln und dürfe die Stimmung nicht aufputschen, sagte Merkel. Auch der Kampf gegen die Korruption müsse auf der Tagesordnung bleiben, sagte die CDU-Vorsitzende. Mit Serbien müsse es "zu gemeinsamen Formen des Umgangs kommen", erklärte sie mit Blick auf den Grenzkonflikt im Norden des Kosovo. Thaci versicherte, seine Regierung bemühe sich um den Aufbau eines demokratischen und multi-ethnischen Kosovo und um nachbarschaftliche Beziehungen zu allen Anrainern. "Kosovo möchte Teil der EU sein und der Nato", betonte Thaci. Der Dialog sei die einzige Option, die einzige Lösung im Streit zwischen Kosovo und Serbien.

Kritik reißt nicht ab - Merkel steht weiter hinter Wulff

+++ Nato erwägt offenbar weitere Aufstockung der KFOR-Truppen +++

+++ Serben widersetzen sich Nato-Ultimatum +++

+++ Offener Streit zwischen Merkel und Tadic +++

Der Kosovo hatte sich im Februar 2008 gegen starken Widerstand aus Serbien für unabhängig erklärt. Mehr als 80 Nationen haben den Status des Landes inzwischen anerkannt. Neben Deutschland sind darunter 21 weitere EU-Staaten und die USA. Allerdings betrachtet Serbien den Kosovo weiterhin als Teil seines Staatsgebietes und hat über ein Votum der Generalversammlung der Vereinten Nationen ein Gutachten beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag erwirkt. Dieser kam in einem am 22. Juli 2010 veröffentlichten Gutachten jedoch zu dem Ergebnis, dass die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo vom Februar 2008 das Völkerrecht nicht verletzt. Im März begann in Brüssel der von der EU moderierte Dialog zwischen Pristina und Belgrad, der die Zusammenarbeit in der Region fördern, für beide Seiten Fortschritte auf dem Weg in die EU erreichen und die Lebensbedingungen vor Ort verbessern soll.

Doch der Weg gestaltet sich schwierig: Im mehrheitlich von ethnischen Serben bewohnten Norden des Landes kommt es an der Grenze zu Serbien immer noch zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Kfor-Soldaten - erst Ende November wurden dabei auch zwei deutsche Soldaten angeschossen. Die Grenzstreitigkeiten belasten auch die Verhandlungen über einen EU-Beitritt Serbiens. Serbien hatte gehofft, beim vergangenen EU-Gipfel in Brüssel den Kandidatenstatus zu erhalten. Daraus wurde angesichts der gewaltsamen Unruhen jedoch nichts: Die EU hatte einen Beschluss über Serbiens Begehren, Beitrittskandidat zu werden, wegen der Kosovo-Frage verschoben. Merkel sagte, eine europäische Perspektive bleibe aber erhalten.

Das Thema soll Ende Februar wieder auf die Tagesordnung kommen. Merkel sagte in Pristina, sie wünsche sich von Serbien jedoch unter anderem, dass es zu einem "vernünftigen Warenverkehr" mit dem Kosovo kommt. Erstrebenswert sei auch eine gemeinsame Grenzkontrolle. Das Beste sei aber: "Man sucht das direkte Gespräch mit dem jeweiligen Partner."

Bei ihrem Truppenbesuch machte die Kanzlerin auch den noch etwa 1300 im Kosovo stationierten deutschen Soldaten Mut. Insgesamt sind 6000 Soldaten aus 30 Ländern an der Kfor beteiligt. Die Bundesrepublik stellt jedoch das größte Kontingent der internationalen Truppe. Mit dem Einsatz wolle Deutschland "einen Beitrag dazu leisten, dass die Region sich gut entwickeln kann". Gleichzeitig räumte die Kanzlerin ein: "Leider ist aus einem über lange Zeiträume sehr ruhigen Region wieder ein Krisenherd geworden." Deshalb müsse Deutschland "politisch energischer auftreten". So könne das Kosovo den Schmuggel über die Grenze durchaus stoppen, auch wenn es über den Norden noch keine völlige Hoheit habe. Deutschland könne dabei möglicherweise helfen, indem es mehr Polizisten schickte.