Streiks gegen den griechischen Sparkurs legen zunehmend das öffentliche Leben lahm. 287 Einwanderer kämpfen hungernd für Bleiberecht.

Athen. Während das öffentliche Leben in Griechenland durch anhaltende Streiks mehr und mehr zum Erliegen kommt, hungern rund 300 Einwanderer seit gut zwei Wochen für eine dauerhafte Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Ende letzter Woche weiteten sich die Arbeitsstreiks auf den empfindlichen Gesundheitssektor aus: Ärzte der größten staalichen Krankenkasse (IKA) legten die Arbeit nieder. Auch am heuitigen Dienstag mussten zehntausende Patienten auf Krankenhäuser ausweichen oder eben mit ihrer Krankheit ausharren. Wer Medikamente benötigte, stand häufig vor verschlossener Tür, denn auch die meisten Apotheken blieben geschlossen.

Streiks immer heftiger - Am 23. Februar droht Stillstand im Land

Der Sparkurs der Regierung löst auch unter den Bediensteten im öffentlichen Verkehr Unmut aus. Viele Autofahrer weigern sich inwzischen, auf den Autobahnen des Landes die Maut zu zahlen. Linke Aktivisten lehnten es ab, ihre U-Bahnkarten zu entwerten. In einigen Stationen wurden die Fahrscheinentwerter mit Klebestoff zerstört. In Athen wurden die U-Bahnen für vier Stunden bestreikt. Wegen der enormen Defizite im Nahverkehr waren am 1. Februar die Fahrpreise um bis zu 40 Prozent erhöht worden.

Zugleich gehen die Streikenden immer rabiater vor. Gewerkschaftsmitglieder drangen am Dienstagnachmittag in die Büros des U-Bahn-Chefs ein und mauerten mit Ziegelsteinen den Eingang zu. Der Direktor war zu diesem Zeitpunkt nicht in seinem Büro, seine Sekretärin wurde nach Radioberichten aus den Räumen herausgezerrt.

Am 23. Februar wollen die beiden größten Gewerkschaftsverbände des privaten und staatlichen Sektors (GSEE und ADEDY) mit umfangreichen Streiks das ganze Land lahmlegen. Die sozialistische Regierung kündigte ihrerseits Gesetzesverschärfungen an. So soll etwa die Weigerung, Fahrkarten zu entwerten oder Maut zu zahlen, künftig als Straftat gewertet werden, so dass neben einer Geldstrafe auch ein Gerichtsverfahren zu erwarten ist, wie das Staatsfernsehen (NET) berichtete.

Die Ärzte fordern mehr Geld und die Apotheker protestieren dagegen, dass viele staatliche Krankenkassen nur mit mehrmonatigen Verspätungen die den Patienten verordneten Medikamente zahlen. Vor den wenigen offenen Apotheken bildeten sich inzwischen lange Warteschlangen.

Die Streiks richten sich gegen die Pläne der Regierung, mit dem vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU verordneten Sparprogramm die Haushaltsmisere in den Griff zu bekommen. Danach sollen die Gehälter der Beschäftigten im öffentlichen Nahverkehr um bis zu 25 Prozent gekürzt werden.

Rund 300 Einwanderer hungern für ein Bleiberecht

Während der Rest Griechenlands von Streiks gegen den Sparkurs der Regierung gelähmt wird, verweigern 287 Einwanderer in Zeltlagern, Nahrung zu sich zu nehmen. Sie fordern mit dem Hungerstreik eine dauerhafte Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Am heutigen Dienstag haben sie die Bedingungen verschärft. Sie verzichten auf Zucker und Tee und nehmen nichts als Wasser zu sich. „Wir werden unseren Kampf bis zum Ende fortsetzen“, kündigte ein Sprecher auf einer Pressekonferenz in Athen an. Eine Lösung ist aber nicht in Sicht.

Linke Organisationen hatten die Einwanderer vor zwei Wochen von der Insel Kreta nach Athen geholt und zunächst in einem Universitätsgebäude untergebracht. Anschließend zogen die Flüchtlinge in ein Gebäude in der Nähe des Archäologischen Museums um. Dort herrschen miserable hygienische Zustände. Viele Migranten müssen in Zelten übernachten. Die meisten von ihnen haben sichtlich abgenommen. Einer brach während der Pressekonferenz zusammen. Ärzte behandelten den ohnmächtigen jungen Mann. Die meisten der Einwanderer hatten auf Kreta gelegentlich gearbeitet. Sie können aber ihre Aufenthaltserlaubnis nicht verlängern, weil sie wegen der dramatischen Finanzlage des Landes keine Arbeit mehr finden. Sie fordern, dass ihnen die Regierung in Athen eine ständige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis gibt. Die Regierung habe bislang aber keinen Kontakt mit ihnen aufgenommen, erklärten sie.

Mehrere linke Organisationen planen in dieser Woche Solidaritätskundgebungen, darunter auch in Frankfurt, Leipzig, München und Berlin. Seit Verschärfung der Kontrollen im Mittelmeer ist Griechenland für Einwanderer aus Afghanistan, Iran, Irak und Afrika zum zentralen Tor in die EU geworden. Das Land ist mit dem Ansturm überfordert, die Zustände in vielen Flüchtlingslagern gelten als unzumutbar. Die griechischen Behörden haben in den vergangenen vier Jahren mehr als eine halbe Million illegale Zuwanderer aufgegriffen. (dpa)