Der Geheimdienst hat den Maulwurf enttarnt. Oberst Schtscherbakow verriet die Spionin Anna Chapman und löste die Agenten-Affäre mit den USA aus.

Moskau. Nach der spektakulären Agentenaffäre um russische Spione in den USA vom Juni haben Medien erstmals den Namen des „Verräters“ genannt und ein Foto veröffentlicht. Der Leiter der US-Abteilung C beim Auslandsgeheimdienst SWR, Oberst Schtscherbakow, habe die Namen der zwölf Agenten den Amerikanern preisgegeben, berichtete die Zeitung „Kommersant“. Demnach hat die Jagd auf ihn bereits begonnen.

Die in den USA enttarnten russischen Spione waren im Juli in einem spektakulären Manöver in Wien gegen vier in Russland inhaftierte US-Spione ausgetauscht worden. Vor allem die als rothaarige „Agentin 90- 60-90“ bekannt gewordene Anna Chapman gilt in Russland seither als Superstar.

„Wir wissen, wer er ist und wo er sich aufhält. Keine Sorge – ein Mercader ist schon unterwegs zu ihm“, zitierte das Blatt einen Kremlfunktionär. Der Sowjetagent Ramón Mercader (1913-1978) hatte im Auftrag von Diktator Josef Stalin 1940 den russischen Revolutionär Leo Trotzki getötet. Ohne Schtscherbakows Namen zu nennen, hatte auch Regierungschef Wladimir Putin dem Überläufer den Tod vorhergesagt. „Verräter enden immer auf schlimme Weise. In der Regel krepieren sie entweder im Suff oder im Drogenrausch“, hatte der Ex-Geheimdienstchef bei einem Treffen mit den enttarnten Spionen gesagt. Der Oberst war dem Bericht zufolge seit dem US-Besuch von Kremlchef Dmitri Medwedew im Juni nicht mehr an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt.

Spionageexperten machten unterdessen auch die SWR-Führung für den Skandal verantwortlich. Die Leitung bestehe aus „Unprofessionellen, die mit den Besonderheiten der illegalen Arbeit nicht vertraut sind“, sagte ein Geheimdienstveteran der Agentur Interfax. „Kommersant“ weist auch darauf hin, dass übersehen worden sei, dass Schtscherbakows Tochter seit Jahren in USA lebt. Auch sein bei der russischen Drogenfahndung beschäftigter Sohn habe das Land kurz vor dem Auffliegen der russischen Spione verlassen.

Außerdem hätten aus Sicht von Experten bei der SWR-Führung die Alarmglocken schrillen müssen, als Schtscherbakow vor mehr als einem Jahr eine Beförderung abgelehnt habe, heißt es im „Kommersant“. Demnach wollte der Oberst den für die Höherstufung notwendigen Lügendetektortest umgehen. Kommentatoren spekulierten darüber, dass nun im russischen Auslandsgeheimdienst Köpfe rollen könnten. Der SWR wird seit 2007 von dem Ökonomen Michail Fradkow (60) geführt, der davor fast vier Jahre Regierungschef gewesen war.

Der Spionageskandal gilt als der größte seit dem Ende des Kalten Kriegs. Dessen ungeachtet hatten Medwedew und US-Präsident Barack Obama beschlossen, den Neustart in den russisch-amerikanischen Beziehungen fortzusetzen. Im Oktober zeichnete Medwedew die Agenten mit der Tapferkeitsmedaille aus und lobte sie als „talentierte Abenteurer“.