Präsident Barack Obama einigt sich mit Abtreibungsgegnern. Demonstranten dringen in US-Kongress vor. Präsident kündigt Rede an.

Washington. US-Präsident Barack Obama rechnet offenbar mit einem Sieg bei der Abstimmung über seine historische Gesundheitsreform. Nachdem er sich unmittelbar vor dem Votum am Sonntagabend im Abgeordnetenhaus durch eine Rechtsverordnung zur Abtreibung die vermutlich entscheidenden Stimmen aus dem Lager seiner Demokraten sicherte, kündigte er eine Stellungnahme an. Nach Bekanntgabe des Resultats wolle sich der Präsident an die Nation wenden, gab das Weiße Haus bekannt.

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Der Schritt legt nahe, dass Obama keinen Zweifel mehr an der notwendigen Mehrheit von 216 Stimmen für seine Reform hat. Mit dem Projekt, für das er einen einjährigen erbitterten Kampf focht, sollen rund 30 Millionen Amerikaner in das Gesundheitssystem integriert werden, die bislang ohne Krankenversicherung waren. Für Obama ist die knapp eine Billion Dollar teure Reform das wichtigste innenpolitische Ziel. Mehrere seiner Vorgänger waren mit dem Vorhaben gescheitert.

Unmittelbar vor der Abstimmung im US-Repräsentantenhaus gab Obamas Sprecher Dan Pfeiffer eine Regelung bekannt, die ausschließt, dass öffentlich alimentierte Krankenversicherungen den Abbruch einer Schwangerschaft bezahlen. Der einflussreiche Abgeordnete Bart Stupak und sechs weitere Demokraten erklärten daraufhin, nun werde man für die Reform stimmen können.

„Wir tun dies für die amerikanische Bevölkerung“, sagte die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, als sie ihre Fraktion nach letzten Beratungen ins Capitol führte.

Dort kam es noch zu wütenden Protesten. Nach Angaben eines demokratischen Abgeordneten erhob sich ein Reformgegner in der Galerie des Hauses und rief: „Kill the bill!“ (Tötet das Gesetz!). „Die Menschen wollen es nicht.“ Als Ordner den Demonstranten aus dem Gebäude führten, hätten sich mehrere republikanische Abgeordnete erhoben und applaudiert, sagte der Demokrat Barney Frank.

Insgesamt standen drei Abstimmungen an: zuerst über die Regeln für die Debatte, dann über ein Paket von Änderungen zu einem vom Senat verabschiedeten Gesetzentwurf, dann über den Gesetzentwurf des Senats selbst, der im Mittelpunkt der Debatte in den letzten Monaten stand. In allen drei Abstimmungen brauchen die Demokraten 216 Stimmen.

Sollte das der Fall sein, dann kann Obama die Version des Senats mit seiner Unterschrift in Kraft setzen. Die beschlossenen Änderungen gehen dann in einer Art Eil-Verfahren zurück an den Senat. Sie können dann dort mit einfacher Mehrheit beschlossen werden, ohne dass die Demokraten Störmanöver der Republikaner fürchten müssen, ein sogenanntes Filibuster.

Die Opposition lehnt das Gesetzesvorhaben entschieden ab. Die Reform wäre die größte Erweiterung des amerikanischen Sozialsystems seit Mitte der 60er Jahre. Haushalte der Mittelschicht sollen entlastet werden, Haushalte mit geringem Einkommen mehr Anspruch auf medizinische Leistungen erhalten.