Der eine wurde im Schlafanzug verhaftet und außer Landes gebracht. Den anderen hat der Oberste Gerichtshof eingesetzt. Wer darf sich Präsident von Honduras nennen?

Tegucigalpa. Nach dem Staatsstreich in Honduras ringen zwei Präsidenten um die Macht im Land: der demokratisch gewählte, aber vom Militär gestürzte Präsident Manuel Zelaya und der vom Abgeordnetenhaus neu gewählte bisherige Parlamentspräsident Roberto Micheletti. In der Hauptstadt Tegucigalpa patrouillierten gepanzerte Fahrzeuge mit Maschinengewehren. Die Absetzung Zelayas wurde im Ausland einhellig verurteilt. Am Montag sollten Präsidenten aus ganz Lateinamerika zur Besprechung des ersten militärischen Umsturzes auf dem Kontinent seit 16 Jahren in Nicaragua zusammentreffen. „Ich will in mein Land zurückkehren. Ich bin der Präsident von Honduras“, sagte Zelaya vor der Abreise zu dem Gipfeltreffen in Managua, zu dem er mit einem Flugzeug des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez flog. Chávez erklärte vorab, man werde Micheletti „stürzen“.

Der vom Parlament eingesetzte neue Präsident verhängte nach seinem Amtsantritt für zwei Tage ein nächtliches Ausgehverbot. Micheletti betonte, er habe sein Amt nicht im Rahmen eines Staatsstreichs übernommen. „Ich bin mir sicher, dass 80 oder 90 Prozent der honduranischen Bevölkerung zufrieden sind mit dem, was heute passiert ist“, sagte Micheletti. Die Streitkräfte hätten auf Anweisung der Gerichte gehandelt, „um den Respekt vor dem Gesetz und den Prinzipien zu verteidigen“. Weder US-Präsident Barack Obama noch Chávez hätten das Recht, sein Land zu bedrohen, sagte Micheletti.

Der am Sonntagmorgen von Soldaten ins Exil gezwungene Zelaya bezeichnete das Vorgehen der Streitkräfte nach seiner Ankunft in Costa Rica als Putsch und Entführung. Er sagte, Soldaten hätten ihn aus dem Bett gejagt, seine Leibwächter geschlagen und ihn verhaftet, während er noch im Schlafanzug war. In Honduras stimmten derweil auch Mitglieder seiner eigenen Partei für Micheletti als Nachfolger und billigten damit das Vorgehen der Soldaten. In einer Resolution wurden Zelaya wegen eines umstrittenen Referendums rechtswidriges Verhalten und Gefährdung des Staates vorgeworfen.

Auch Micheletti gehört Zelayas linksgerichteter Liberaler Partei an. Er war aber gegen das von Zelaya geplante Referendum, das der Oberste Gerichtshof für unzulässig erklärt hatte und an dem sich schließlich der Machtkampf zwischen Streitkräften und Präsident entzündet hatte. Die Wähler sollten darüber abstimmen, ob zeitgleich mit der Präsidentenwahl im November ein Referendum über die Wahl einer Verfassungsgebenden Versammlung stattfinden soll. Kritiker warfen dem Präsidenten vor, er wolle mit der angestrebten Verfassungsänderung seine im Januar 2010 endende Amtszeit verlängern.

Die internationale Gemeinschaft verurteilte den Umsturz und forderte die Rückkehr des demokratisch gewählten Präsidenten Zelaya. US-Präsident Obama rief alle Seiten auf, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu respektieren und den Konflikt friedlich beizulegen. Die USA bemühten sich nach Aussage ranghoher Beamten, eine Rückkehr Zelayas zu erwirken. Die EU, die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon verurteilten Zelayas Festnahme. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte: „Ich verurteile die Verhaftung und Exilierung von Präsident Zelaya. Dieses Vorgehen verletzt die verfassungsmäßige Ordnung der Republik Honduras.“ Oberstes Gebot sei jetzt die schnelle Rückkehr zu Recht und Gesetz.

Bei der Militäraktion sollen etliche Kabinettsmitglieder von Soldaten festgenommen worden sein. Ein Abgeordneter wurde nach Angaben einer Menschenrechtsgruppe bei einem Schusswechsel mit Soldaten getötet. Eine unabhängige Bestätigung dafür gab es zunächst nicht. Dem Aufruf Zelayas an die Bürger in Honduras, friedlich gegen seine Absetzung zu protestieren, folgten zunächst aber nur einige hundert Demonstranten. Sie demonstrierten vor Regierungsgebäuden und riefen „Verräter".