SPD-Außenexperte Klose: “Soldaten nicht auf Nettigkeitsmission.“ Deutsche Fregatte vereitelt Angriffe der Seeräuber. Hier geht’s zur Bildergalerie.

Hamburg. Die Deutsche Marine erhält bei ihrem Einsatz gegen Piraten vor der Küste Somalias weitreichende Befugnisse. Nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" dürfen deutsche Kriegsschiffe Seeräuberboote nicht nur abdrängen oder aufbringen, sondern auch versenken. "Es ist ein Einsatz bewaffneter Streitkräfte mit einem robusten Mandat, was den Einsatz von Zwangsmitteln und Waffengebrauch umfasst", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz, dem Abendblatt. "Dabei kann es durchaus die Folge eines Waffengebrauchs sein, dass ein Schiff sinkt."

Die Bundesmarine habe hier nicht primär militärische Funktionen, sagte der CDU-Politiker weiter und sprach von einer Operation im "Grenzbereich zwischen polizeilichen Aufgaben und Marinetätigkeit". Im Wesentlichen gehe es aber um Abschreckung und Vorbeugung: "Wenn die Piraten wissen, dass Handelsschiffe begleitet und beschützt werden, dann versuchen sie gar nicht erst anzugreifen."

Der SPD-Außenexperte Hans-Ulrich Klose wurde dagegen deutlicher. "Das ist ganz klar ein Kampfeinsatz", sagte er dem Abendblatt. Zwar sollten Angriffe vorrangig verhütet werden, "aber notfalls muss man auch schießen und ein Schiff möglicherweise versenken", sagte Klose weiter. "Das geht gar nicht anders." Es handele sich nicht um eine "Nettigkeitsmission".

Auch der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Nachtwei, sagte dem Abendblatt, dass ein robustes Mandat "bis hin zu einem Kampfeinsatz gehen" könne. "Bei dem Risiko und den Rechten soll man sich nichts vormachen: nichts beschönigen und nichts dramatisieren."

Die Regeln für den Einsatz sind wie stets bei militärischen Operationen Verschlusssache. Die Abgeordneten können aber bei der Geheimschutzstelle des Bundestages Einsicht nehmen. Am Freitag soll der Bundestag den Einsatz von bis zu 1400 Soldaten im Rahmen der EU-Mission "Atalanta" beschließen. Zunächst werden die Fregatte "Karlsruhe" und rund 300 Soldaten entsandt. Auch Schiffe, die für die Anti-Terror-Operation "Enduring Freedom" unterwegs sind, darunter die deutsche Fregatte "Mecklenburg-Vorpommern", können dem "Atalanta"-Kommando zugeordnet werden.

Außerdem sollen nach "Spiegel"-Angaben Militärpolizisten auf den Fregatten einen angemessenen Umgang mit den Gefangenen sicherstellen. Dabei gehe es um den Schutz vor "menschenunwürdiger oder entehrender Behandlung". Darüber hinaus sollten die Militärpolizisten die Schiffskommandanten beraten.

Die Fregatte "Mecklenburg-Vorpommern" hat nach Angaben des Einsatzführungskommandos am Wochenende in kurzen Abständen wieder zwei Piratenangriffe abgewehrt. Zunächst hatte die Fregatte den Notruf eines äthiopischen Frachters erhalten. Daraufhin überflog der Bordhubschrauber das angegriffene Schiff "Gibe", die Schnellboote der Piraten drehten ab.

Wenig später sei der Notruf des Handelsschiffes "Conti Express" eingegangen, das ebenfalls von einem Schnellboot aus attackiert wurde. Als der Hubschrauber der Deutschen Marine am Tatort erschien, sei der Angriff abgebrochen worden, hieß es weiter. Das Schiff sei von den Piraten mit Handfeuerwaffen und Raketen beschossen worden, es habe aber nur geringe Schäden an Deck gegeben.

Auch die indische Marine vereitelte im Golf von Aden die Entführung eines Frachters. 23 Piraten aus Somalia und dem Jemen seien dabei festgenommen worden, sagte ein indischer Marinesprecher.

In diesem Jahr sind schon 100 Schiffe in der Region überfallen. Der Schaden für die Reedereien geht in die Millionen. US-Verteidigungsminister Robert Gates plädierte dafür, die Sammelpunkte der Seeräuber an Land anzugreifen.

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