Freunde von Obama sorgen sich: Wie kann er, isoliert in einer ungeliebten Stadt, ein glücklicher Mann bleiben?

Washington/Hamburg. Terry Link ist Senator für den US-Staat Illinois. Er hat einen guten Freund, der bis vor Kurzem der andere Senator von Illinois war. Mit ihm hat Link in den letzten Jahren mindestens einmal in der Woche telefoniert, hat ihm politische Tipps gegeben, ihn im Golf abgebügelt und ihn frech "Ears" - Ohren - genannt. Vor ein paar Tagen erschien die vertraute Nummer wieder auf Links Handy, doch diesmal sagte er nicht: "Hey Barack, was läuft denn so?" Sondern "Hallo Mr. President". "Den guten alten Barack", sagt Senator Link, "den gibt es nicht mehr."

Barack Obama, der am 20. Januar zum 44. Präsidenten der USA vereidigt wird, steht vor einer gravierenden Wandlung seines Privatlebens. Sein Haus im Hyde-Park-Viertel von Chicago gleicht inzwischen einer Festung, Sprengstoffhunde schnüffeln überall herum, Agenten des Secret Service sind allgegenwärtig, und wenn einer der Nachbarn mal aus einer Dachluke schaut, blickt er unter Umständen in das Zielfernrohr eines Scharfschützen. "Ich fühle mich allmählich etwas eingesperrt", klagte Obama dieser Tage gegenüber einem Freund. Und das ist erst der Anfang.

Barack Obama habe seine "Seele stets mit einem geregelten Lebenslauf in Chicago genährt", zitierte die "Washington Post" Freunde des gewählten Präsidenten. Bewusste Wahrnehmung der Normalität: Frühstück mit seinen Töchtern, Jogging auf dem Laufband am Morgen, abends durch die 57. Straße schlendern, Basketball in einer Sporthalle downtown spielen, spät abends in einem seiner Lieblingsrestaurants essen gehen mit seiner Frau Michelle. Jetzt ist ein Ausflug nur noch im Sicherheits-Pulk mit Bodyguards und 20 Fahrzeugen möglich.

Freunde sagen, Obama habe bereits begriffen, dass er diesen Tagesablauf als Präsident nicht mehr einhalten kann. Doch die Etablierung einer Wohlfühl-Zone sei entscheidend für seinen Erfolg in Washington. Die vordringlichste Frage der Übergangszeit zum höchsten Staatsamt sei: Wie kann sich Obama ein Leben einrichten, in dem er glücklich ist?

"Einige Sachen kann er gar nicht mehr oder nicht mehr wie bisher tun"; sagte sein engster Freund in Chicago, Marty Nesbitt, "und das wird hart für ihn."

Hinzu kommt, dass Barack Obama Washington nicht ausstehen kann. Als Senator pendelte er, blieb jeweils drei Tage die Woche in der Hauptstadt und buchte dann alle erreichbaren Flüge nach Chicago, um so schnell wie möglich zu Hause zu sein. "Washington hat etwas Eingewachsenes, etwas Aquarienhaftes, jedem geht es nur um den Status", sagte er schon vor drei Jahren.

In der Nacht seiner Wahl beklagte er sich bitter darüber, dass er seine Rede vor 20 000 Anhängern im Grant Park von Chicago hinter einer doppelten Panzerglasscheibe halten musste. Und war gereizt, als ihm Freunde sagte, er könne aus Sicherheitsgründen nicht mehr am Michigansee joggen. Er kann sich auch nicht in Zariffs lärmendem Friseurladen die Haare schneiden lassen wie in den letzten 15 Jahren. Und die Obamas werden auch nicht mehr einfach bei den Grillpartys der Nachbarn reinschauen wie bislang. Vorbei.

Mindestens einen Hund will sich die First Family anschaffen, um die kalte Pracht des Weißen Hauses lebendiger zu gestalten. Um das Tier müssen sich die Töchter Malia und Sasha kümmern, auch das Gassigehen fällt in ihren Aufgabenbereich. Betten machen und Zimmer aufräumen sollen sie auch. Die Mädchen sollen so "normal" wie möglich aufwachsen, erklärt das Elternpaar.

Obamas alter Freund Terry Link, der Senator, merkte rasch, dass sich die Dinge geändert haben. Nach etwas Plauderei am Handy fragte Obama: "Soll ich dir meine neue Handynummer geben?" Um dann hinzuzufügen: "Aber wage es ja nicht, sie an jemand anderen weiterzugeben."