Abendblatt:

Welche Optionen hat der Dalai Lama? Hat der Dialog mit China noch eine Chance?

Roland Koch:

Aus meiner Sicht sollte die chinesische Regierung ein großes Interesse daran haben, zu wirklich substanziellen Gesprächen über die Tibet-Frage zu kommen. Das haben in der Vergangenheit immer wieder auch Vertreter anderer Länder den Chinesen klargemacht. Dazu bin auch ich persönlich weiterhin bereit. Klar ist aber, dass die Gespräche an einem sehr schwierigen Punkt angekommen sind.



Abendblatt:

Könnte es zu einem Konflikt über Autonomie und Gewaltfreiheit unter den Exil-Tibetern kommen?

Koch:

Ich habe seit Jahren auch in Gesprächen mit der chinesischen Führung darauf hingewiesen, dass der Dalai Lama als Einziger für sein Volk eine Regelung finden kann, die Autonomie und Gewaltfreiheit beinhaltet. Wenn er als einende Kraft für die Tibeter ausfällt, dann besteht das Risiko, dass sich diejenigen - oft jüngeren - Kreise durchsetzen, die auf Unabhängigkeit drängen und sich womöglich vom Kurs der Gewaltfreiheit verabschieden. Ich glaube aber, dass der Dalai Lama die Kraft und Autorität hat, seinen Kurs, bei dem es um Autonomie, nicht um Unabhängigkeit geht, durchzusetzen. Ich werde meinen Freund auch künftig auf seinem schwierigen Weg begleiten und hoffe, dass er ihn bei guter Gesundheit weiter beschreiten kann.