Der Generalstaatsanwalt muss über eine Anklage entscheiden. Er soll Mitarbeiterinnen sexuell genötigt und angeblich auch vergewaltigt haben.

JERUSALEM. Für den israelischen Präsidenten Mosche Katzav wird die Luft dünn. Nach der Bestätigung von Vergewaltigungsvorwürfen wird der Ruf nach einem Rücktritt des 60-Jährigen immer lauter. Angesichts drohender Proteste verzichtete der konservative Staatschef gestern darauf, zur ersten Sitzung des Parlaments nach der Sommerpause in die Knesset zu kommen. Die Polizei hatte am Vortag Beweismittel gegen Katzav vorgelegt, auf deren Basis nun der Generalstaatsanwalt des Landes über eine Anklage entscheiden wird.

"Der Präsident muss zurücktreten", sagte Bildungsministerin Juli Tamir. "Wenn er es nicht tut, dann werden wir meiner Einschätzung nach ein Verfahren einleiten, ihn dazu zu zwingen." Mehrere weibliche Abgeordnete des Parlaments hatten angekündigt, die Eröffnungssitzung der Knesset demonstrativ zu verlassen, wenn sie von Katzav wie gewohnt eingeläutet werden sollte.

Auch die größten Tageszeitungen Israels stellten quer über das politische Spektrum hinweg fest, es sei Zeit für den Staatschef zu gehen. "Leben Sie wohl, Präsident Katzav", hieß es in der "Haaretz". "Es gibt keine Alternative zu einem Abschied", schrieb die "Jedioth Ahronoth". Katzavs Amtszeit endet 2007. Im Amt genießt er Immunität. Um eine Strafverfolgung zu ermöglichen, kann ihn das Parlament allerdings seines Postens entheben.

Der Politiker bestreitet jede Schuld. Dabei hatte er die Affäre selbst ins Rollen gebracht, als er die Justizbehörden von einer versuchten Erpressung durch eine frühere Sekretärin unterrichtete. Die Frau hatte Katzav beschuldigt, er habe sie mit Drohungen sexuell gefügig gemacht und verlangte Schweigegeld. Im Laufe der Ermittlungen meldeten sich dann mindestens neun weitere Frauen mit ähnlichen Vorwürfen.

Die Polizei beschuldigt den Präsidenten zudem der Bestechlichkeit, des Betrugs und der Behinderung der Justiz. Nach Abschluss der Untersuchung wurden die Vorwürfe verschärft. Die Ermittler raten zur Anklage.

Zunächst habe Katzav nur Komplimente gemacht, dann sei er aber immer zudringlicher geworden, wird eines der mutmaßlichen Sex-Opfer in israelischen Medien zitiert. Als er so nicht ans Ziel gekommen sei, habe er Gewalt angewendet. Katzav drohen bis zu 16 Jahre Haft, wenn er vor Gericht gestellt und schuldig gesprochen werden sollte. Die Entscheidung von Generalstaatsanwalt Menachem Masus wird in etwa zwei Wochen erwartet.