Berlin/Hamburg. Die Nato will ihre Truppenpräsenz in Afghanistan von Juli an auf bis zu 17 000 Soldaten aufstocken und damit beinahe verdoppeln. Die Bundeswehr wird dabei ihr Kontingent von derzeit 2200 auf 3000 Soldatinnen und Soldaten ausweiten und trägt die Verantwortung für den gesamten Norden des Landes. Vor diesem Hintergrund werden die Aussagen aus Kreisen der Truppe über Kopfprämien für die Tötung von deutschen Soldaten besonders ernst genommen.

Wie der Sprecher des Verteidigungsministeriums dem Abendblatt gestern bestätigte, wird die Sicherheitslage am Hindukusch als verschärft eingeschätzt. Für die Soldaten gilt die höchste Sicherheitsstufe schon seit einigen Wochen, die Todesdrohungen werden deshalb zu keiner weiteren Erhöhung von Sicherheitsmaßnahmen führen.

Höchste Sicherheitsstufe bedeutet für die Bundeswehrangehörigen, daß sie sich außerhalb ihrer Camps in Kabul, Kundus, Feisabad oder Masar I Sharif nur mit Sicherheitsweste und Stahlhelm bewegen dürfen. Die Waffen wie Gewehr oder Pistole müssen am Körper geführt werden, sind schußbereit, geladen und gesichert. In den Camps werden die Wachen verstärkt.

Die Bundeswehr hat als sogenannter Regional Area Coordinator (RAC) mit Hauptquartier in Kundus die Verantwortung für den gesamten Norden Afghanistans bereits im vergangenen Juli übernommen. Es geht vor allem um die Ausbildung von Sicherheitskräften wie Armee und Polizei, die logistische Unterstützung der afghanischen Polizei in der Drogenbekämpfung und die Koordination der Zusammenarbeit zwischen zivilen Wiederaufbauorganisationen und den Streitkräften.

Die britischen Streitkräfte, die diese Aufgaben bislang übernommen hatten, sind abgezogen worden und werden nun gemeinsam mit den US-Soldaten im Süden des Landes eingesetzt.

Die zunehmende Gewalt in Afghanistan setzt die Nato vor der geplanten Ausdehnung der ISAF-Mission unter Druck. Die Zukunft des Einsatzes wird heute und morgen von den Außenministern der Allianz auf einem Treffen in der bulgarischen Hauptstadt Sofia diskutiert. "Dies ist ein gefährlicher Einsatz, aber die Nato kann sich ein Scheitern nicht leisten", sagte Generalsekretär Jaap de Hoop Schefer. Die ISAF-Truppe werde entschieden auftreten. "Wenn das ISAF-Mandat behindert wird, dann wird ISAF handeln", sagte er.

Ein Nato-Diplomat sagte voraus, daß es im Süden noch höhere Verluste geben werde.