Präsident Barack Obama will die Wirtschaft beleben. Dafür nimmt er das größte Haushaltsloch seit dem Zweiten Weltkrieg in Kauf.

Hamburg/Washington. Die Zahl ist so groß, dass man sie sich kaum noch vorstellen kann - 1,75 Billionen Dollar. In seinem Bemühen um eine Belebung der Wirtschaft nimmt US-Präsident Barack Obama das größte Haushaltsdefizit seit dem Zweiten Weltkrieg in Kauf. Obama stellte einen Budgetentwurf vor, der für das laufende Haushaltsjahr den Fehlbetrag von 1,75 Billionen Dollar veranschlagt. Doch gerade die Höhe der Zahl ist es, die das darniederliegende Land hoffen lässt: Die Vorlage soll Reformvorhaben wie der geplanten Gesundheitsreform und dem Einstieg in den Emissionshandel den Weg ebnen.

Das Defizit soll nach Obamas Plan im laufenden Jahr auf 12,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts anwachsen. Ein derart hoher Wert war seit der Aufrüstung der USA im Zweiten Weltkrieg nicht mehr erreicht worden. Für das Haushaltsjahr 2010, das am 1. Oktober beginnt, erwartet Obama ein leichtes Sinken des Fehlbetrags auf 1,17 Billionen Dollar. Dies entspräche 8,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Obama erbt für 2009 aus der Regierungszeit seines Vorgängers George W. Bush ein Defizit von mehr als einer Billion Dollar. Ein vom Kongress verabschiedetes, auf zwei Jahre ausgelegtes Konjunkturpaket von 787 Milliarden Dollar dürfte das Defizit auf 1,75 Billionen Dollar heben.

Obama wertete den Budgetentwurf bei der Vorstellung in Washington als "ersten Schritt" eines weitreichenden Reformprozesses. "Nun ist die Zeit gekommen, eine neue Ära einzuleiten", sagte Obama. Er wünsche sich "eine neue Ära der Verantwortung, in der wir nicht nur Arbeitsplätze retten oder schaffen, sondern neue Grundlagen für das Wachstum legen".

In absoluten Zahlen hat Obamas Budgetentwurf für 2009 einen Gesamtumfang von rund 3,94 Billionen Dollar (3,1 Billionen Euro). Im kommenden Haushaltsjahr 2010 soll das Volumen dann auf 3,55 Billionen Dollar sinken. Haushaltsdirektor Peter Orszag überreichte den Entwurf offiziell dem US-Kongress, ohne dessen Zustimmung der Haushalt nicht in Kraft treten kann. Zum Vergleich: Das Volumen des deutschen Bundeshaushalts 2009 betrug 300 Milliarden Euro.

Obama bat den Kongress in dem Entwurf um die Finanzierung weitreichender Reformprojekte. Die Vorlage stelle "eine historische Verpflichtung auf eine umfassende Gesundheitsreform" dar, sagte der Präsident. In den kommenden zehn Jahren solle ein Fonds von 634 Milliarden Dollar geschaffen werden, um allen US-Bürgern den Zugang zur Krankenversicherung zu ebnen. Derzeit sind mehr als 45 Millionen Bürger nicht versichert, es gibt bislang keine Versicherungspflicht. Eine Kehrtwende leitet der Entwurf in der Klimapolitik ein. "Wir werden mit dem Kongress zusammenarbeiten, um ein System des marktgestützten Emissionshandels aufzubauen", sagte Obama. Vom Verkauf der Verschmutzungsrechte an die US-Industrie verspricht sich Obamas Regierung Milliardeneinnahmen. Davon sollen in den kommenden zehn Jahren jährlich 15 Milliarden Dollar zusätzlich in die Entwicklung erneuerbarer Energien gesteckt werden.

Seine Projekte will Obama unter anderem durch Budgetkürzungen und Steuererhöhungen für Haushalte mit einem Jahreseinkommen von mehr als 250 000 Dollar finanzieren. Der Spitzensteuersatz soll von bisher 35 Prozent auf knapp unter 40 Prozent steigen. Allein dadurch sollen in den kommenden zehn Jahren zwei Billionen Dollar zusätzlich an den Staat fließen. Zu den geplanten Sparmaßnahmen sagte Obama: "Das ist ein Opfer, das wir erbringen müssen."

Kosteneinsparungen sieht der Entwurf bei den Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan vor. Dafür sind 141,4 Milliarden Dollar für 2009 und 130 Milliarden Dollar für 2010 veranschlagt. Der Verteidigungsetat soll inklusive der beiden Einsätze 2010 um 1,5 Prozent auf 663,7 Milliarden Dollar anwachsen. Für weitere staatliche Hilfen an den Finanzsektor sind 250 Milliarden Dollar vorgesehen, von denen im Notfall Gebrauch gemacht werden soll.

Obamas Entwurf basiert auf optimistischen Konjunkturprognosen. Für das laufende Jahr sieht er ein BIP-Minus von 1,2 Prozent vor, für das kommende dann ein Plus von 3,2 Prozent, für 2011 von 4,0 Prozent. Diese Zahlen übersteigen die Prognose des parteiunabhängigen Kongress-Rechnungshofs (CBO), der für 2009 ein Minus von 2,2 Prozent und für 2010 nur ein Plus von 1,5 Prozent erwartet.