Wenn jetzt in Kambodscha erstmals die schrecklichen Verbrechen der Roten Khmer nach 30 Jahren strafrechtlich aufgearbeitet werden, ist ein Jurist...

Wenn jetzt in Kambodscha erstmals die schrecklichen Verbrechen der Roten Khmer nach 30 Jahren strafrechtlich aufgearbeitet werden, ist ein Jurist aus Hamburg mit dabei: Jürgen Aßmann (36), Staatsanwalt aus der Hansestadt. Er berät seit November 2006 die Anklägerin des Völkermord-Tribunals in Kambodscha. Das Abendblatt sprach mit ihm gestern nach dem Prozess.

20 Kilometer fährt er jeden Tag von seinem Domizil in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh zum Gericht, wo er sein Büro hat - mit dem Fahrrad. Sein Arbeitstag: von acht Uhr morgens bis abends. "Ein Großteil der Bevölkerung begrüßt den Prozess, er hat eine große symbolische Bedeutung, ist ein Katalysator für viele. Viele Menschen haben darauf lange Zeit gewartet", sagt der Hamburger Volljurist. Allein dass der Prozess nun begonnen hat, sei schon ein Gewinn für die Gesellschaft Kambodschas. Denn auch ein gesellschaftlicher Prozess wurde damit in Gang gesetzt, dass man sich jetzt mit dem Thema beschäftigt". Nun müssen die Versprechen natürlich erfüllt werden, nämlich die Verfahren rechtsstaatlich durchzuführen, so Aßmann. "Das Ziel muss man vor Augen haben, nämlich die Wahrheitsfindung."

Die Prozesse haben laut Aßmann vor allem deshalb große symbolische Bedeutung, weil sie sich auf wenige Hauptverantwortliche beschränkten. Für die traditionell sehr obrigkeitshörige kambodschanische Gesellschaft sei es ein starkes Zeichen, wenn solche hochrangigen Personen vor Gericht stünden, so Aßmann. "Der erste Prozesstag gestern war im Rahmen, den man erwarten sollte, die Parteien sind angemessen miteinander umgegangen, sind sich nicht ins Wort gefallen", resümiert er.

Aßmann, bei Köln geboren, studierte Jura in Hamburg, Trier und Frankreich. Seit 1995 lebt er in Hamburg, 2001 machte er dort sein Zweites Juristisches Staatsexamen - und wurde Staatsanwalt. Er ist verheiratet, hat keine Kinder. Warum er 2006 nach Kambodscha ging? "Es war eine einmalige Chance", sagt Jürgen Aßmann. Unter anderem im Prozessrecht berät er die Tribunal-Anklägerin. "Das Prozessrecht in Kambodscha hat viele Ähnlichkeiten mit unserem Prozessrecht", stellt er fest. Im Juni wird er wieder in Hamburg als Staatsanwalt arbeiten. Was er derzeit aus Hamburg vermisst? Aßmann lächelt, sagt: "Ich möchte mal wieder einen Kaffee oder ein Bier im Schanzenviertel trinken."