Jüdische Delegation spricht von einem “historischen Tag“. Nun will Benedikt XVI. das Heilige Land besuchen. Sein Vorgänger Johannes Paul II. hatte an der Klagemauer die Juden für das ihnen zugefügte Leid um Vergebung gebeten. Benedikt sagte, er wolle die Gebete von Johannes Paul II. nun zu seinen machen.

Hamburg. Die Formulierungen, die Benedikt XVI. gestern wählte, waren mehr als eine Klarstellung. In bisher nicht gekannter Deutlichkeit distanzierte sich der Papst nach dem Rehabilitierungseklat um den erzkonservativen Bischof Richard Williamson von der Leugnung des Holocausts. Jede Leugnung oder Verharmlosung der an den Juden begangenen Verbrechen sei "untolerierbar und nicht hinnehmbar", sagte Benedikt beim Empfang einer jüdischen Delegation aus den USA.

Die jüdischen Spitzenvertreter werteten das Treffen als "historischen Tag". Sie sahen jegliche Zweifel an der Freundschaft von Benedikt XVI. zum Judentum ausgeräumt. Der Papst habe "seine persönliche Abscheu gegenüber jeder Leugnung des Holocaust klargemacht", erklärte der Präsident des Dachverbands, Alan Solow.

Der Papst warnte ausdrücklich von einem Herunterspielen der Judenvernichtung: "Dieses fürchterliche Kapitel in unserer Geschichte darf nie in Vergessenheit geraten." Zwar hatte das Kirchenoberhaupt bereits am 28. Januar - vier Tage, nachdem es die Exkommunizierung Williamsons aufgehoben hatte - seine "vollständige und nicht diskutierbare Solidarität" mit den Juden erklärt. Doch waren seine damaligen Äußerungen weltweit als nicht eindeutig genug kritisiert worden.

Vor allem jüdische Vertreter, aber auch hohe katholische Würdenträger wie der Hamburger Erzbischof Werner Thissen kritisierten daraufhin den Papst. Als Benedikt einige Tage später Williamson zum Widerruf seiner Holocaust-Äußerungen aufrief, weigerte sich dieser - und tut dies bis heute. Williamson hatte in einem Interview gesagt, er denke, dass "200 000 bis 300 000 Juden in den Konzentrationslagern gestorben" seien, aber "nicht ein Einziger von ihnen in Gaskammern". So nutzte Benedikt den gestrigen Besuch der amerikanischen Juden auch für eine zweite klare Geste: Er kündigte offiziell seine erste Israel-Reise als Oberhaupt der Katholiken an. Sie ist aller Voraussicht nach für den Mai geplant.

"Ich bereite mich darauf vor, Israel zu besuchen, ein Land, das für Christen wie für Juden heilig ist", sagte der Papst. Israelische Zeitungen berichteten bereits von einem Aufenthalt zwischen dem 8. und 15. Mai im Nahen Osten, der in Amman beginnen werde und den Papst auch nach Jerusalem, Nazareth und Bethlehem führen werde.

Sein Vorgänger Johannes Paul II. hatte Israel im Mai 2000 besucht und an der Klagemauer die Juden für das ihnen zugefügte Leid um Vergebung gebeten. Der Papst sagte, er wolle die Gebete von Johannes Paul II. nun zu seinen machen.

Benedikts Ankündigung löste in Israel umgehend positive Reaktionen aus. Vertreter der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem sprachen die Hoffnung aus, dass der Papst bei einem Besuch der Gedenkstätte seine klare Haltung zum Holocaust bekräftigen werde.

Unterdessen regt die Ernennung des ultrakonservativen Priesters Gerhard Maria Wagner zum neuen Weihbischof von Linz immer mehr österreichische Katholiken auf. Seit der Ernennung des 54-jährigen Priesters durch den Papst ist die Zahl der Kirchenaustritte vor allem in den Städten der Alpenrepublik um bis zu 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. In Linz waren es in der vergangenen Woche sogar viermal so viele wie sonst, meldete die Wiener Zeitung "Die Presse".