Fast 20 Milliarden Dollar an Prämien strichen US-Bankmanager ein - und riefen zugleich nach Staatshilfe.

Washington/Hamburg. Eigentlich sollte es ein Auftritt zu zweit werden. US-Präsident Barack Obama hatte seinen Finanzminister Timothy Geithner im Oval Office neben sich gesetzt - offenbar, um dem jungen Ressortchef, der wegen Unregelmäßigkeiten beim Steuerzahlen in Bedrängnis gekommen ist, den Rücken zu stärken. Doch dann saß Geithner nur noch wie eine Staffage neben einem sichtlich aufgebrachten Präsidenten, der sich allmählich warmredete. "Das ist der Gipfel der Verantwortungslosigkeit", sagte Obama verärgert, "es ist eine Schande". Ziel der präsidialen Wut war das Verhalten der amerikanischen Banker, die sich selbst angesichts der Finanzkatastrophe 2008 noch kräftig mit Prämien bedient hatten. Die "New York Times" hatte auf ihrer Titelseite enthüllt, dass die Herren von der Wall Street im vergangenen Jahr fast 20 Milliarden Dollar an Boni eingestrichen hatten - so viel wie 2004, als die Finanzwelt noch in Ordnung war.

Obamas Vize Joe Biden sagte, der Präsident und er seien wütend. "Ich würde die Kerle am liebsten in den Knast werfen", schäumte Biden über die Banker. "Die bewegt immer noch genau dasselbe, was uns hierher gebracht hat: Gier. Die denken: Dann sorgt mal schön für uns."
Obama wütend auf Manager


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"Es gibt eine Zeit für sie, um Profite zu machen, und es wird eine Zeit für sie geben, um Boni einzustreichen", sagte Obama im Oval Office. "Jetzt ist nicht die Zeit dafür. Und das ist eine Botschaft, die ich direkt an sie schicken werde. Und ich erwarte, dass Minister Geithner sie an sie schickt." Gerade habe der Finanzminister ein Unternehmen zurückpfeifen müssen, das sich für viele Millionen Dollar einen neuen Firmenjet bestellt hatte - während es gleichzeitig Finanzhilfe vom Staat erhalten hatte. Dabei ging es um die Citigroup, die für ihre Manager einen Jet für 50 Millionen Dollar bestellt hatte. Bekannt wurde auch der Fall des früheren Meryll-Lynch-Managers John A. Thain, der die Bank of America verlassen musste. Thain kündigte an, die Bank of America auf Entschädigung zu verklagen - er hatte sein dortiges Büro gerade erst kostspielig renovieren lassen - inklusive eines Teppichs für 87 000 Dollar und einer Kommode für 35 000 Dollar. "Die Burschen an der Wall Street" sollten mehr Disziplin und Verantwortungsbewusstsein zeigen, forderte Obama. Allein in dieser Woche haben amerikanische Firmen mehr als 65 000 Mitarbeiter entlassen.

Obamas Ärger war zweifellos echt - er hatte sich schon im Wahlkampf über zu hohe Bonuszahlungen aufgeregt. Zugleich war diese Rede aber auch wohlkalkuliert. Der neue Präsident könnte gezwungen sein, den Kongress um noch höhere Summen anzugehen, um das Finanzsystem vor dem Kollaps zu retten. Rund 700 Milliarden Dollar sind dafür bereits genehmigt - zusätzlich zu dem fast 900 Milliarden Dollar schweren Konjunkturpaket. Mit der populistischen Rede im Oval Office hat Obama den Boden für derartige Vorstöße bereitet. Denn der Präsident muss damit rechnen, bei neuen Milliardenforderungen auf heftigen Widerstand nicht nur der Republikaner im Kongress zu stoßen.

Minister Geithner hatte kürzlich Verordnungen der Regierung angekündigt, die Manager von Unternehmen, die Steuergelder in Anspruch nehmen, in ihren Bezügen begrenzen sollen. Die Höhe dieser Begrenzungen ist allerdings noch nicht festgelegt.