Die isländische Regierung ist an den Folgen der Finanzkrise zerbrochen. Ministerpräsident Geir Haarde sagte nach Krisengesprächen gestern in...

Reykjavik. Die isländische Regierung ist an den Folgen der Finanzkrise zerbrochen. Ministerpräsident Geir Haarde sagte nach Krisengesprächen gestern in Reykjavik, er werde seinen Rücktritt beim Präsidenten einreichen. Island musste wegen der Finanzkrise mit internationaler Hilfe vor einem Staatsbankrott gerettet werden. Seit Oktober gibt es regelmäßig Proteste gegen die Regierung, bei denen es vereinzelt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen ist. Vergangene Woche setzte die isländische Polizei dabei erstmals seit 1949 Tränengas ein.

Nach mehreren ergebnislosen Treffen am Wochenende hatten sich beide Koalitionspartner - Haardes Unabhängigkeitspartei und die Sozialdemokratische Allianz - zuvor zu getrennten Gesprächen getroffen. Er hätte eine Fortsetzung der Koalition für die beste Lösung gehalten, sagte Haarde. Dies sei aber nicht möglich. Außenministerin Ingibjorg Gisladottir, die als aussichtsreichste Kandidatin für die Nachfolge Haardes auf dem Posten des Regierungschefs galt, kündigte an, dass sie nicht nach dem Amt strebe. Die Chefin der Sozialdemokraten wollte sich nach eigenen Angaben erst einmal eine Auszeit von ein oder zwei Monaten nehmen und schlug stattdessen Sozialministerin Johanna Sigurdardottir vor.

Haarde kündigte aber an, sich bei der Opposition über die Möglichkeit der Bildung einer nationalen Einheitsregierung zu erkundigen. Der Politiker hatte zuvor Neuwahlen für den 9. Mai vorgeschlagen. Bis dahin wollte er das Land weiter führen. Wegen einer Krebserkrankung will er bei der Wahl aber nicht mehr antreten. Seine Unabhängigkeitspartei ist seit dem Ausbruch der Finanzkrise in Meinungsumfragen abgestürzt. Experten erwarten, dass es bei Wahlen zu einem Linksruck kommen wird und die oppositionellen linken, grünen und progressiven Parteien zulegen werden. Die Unabhängigkeitspartei regiert das Land mit verschiedenen Koalitionspartnern seit 17 Jahren.

Island wurde besonders hart von der Finanzkrise getroffen, da die Banken des Landes in großem Umfang risikoreiche Geschäfte eingegangen waren. Die nationale Währung verlor an Wert, das Finanzsystem brach zusammen und die Regierung verstaatlichte die größten Banken. Auf der rund 300 000 Einwohner zählenden Insel im Nordatlantik lasten Milliarden-Schulden. Der sofortige Rücktritt der erst im vergangenen Jahr angetretenen Regierung gehörte immer wieder zu den Hauptforderungen der Demonstranten bei zahlreichen Protestversammlungen vor dem Parlamentsgebäude in Reykjavik. Am Sonntag war mit dem Rücktritt der staatlichen Bankenaufsicht eine weitere zentrale Forderung der Demonstranten erfüllt worden. Auch der Rücktritt von Nationalbankchef Oddsson war immer wieder auch von Sozialdemokraten gefordert worden.

Vor der isländischen Regierung war im Dezember bereits in Belgien die Regierung indirekt über die Folgen der Finanzkrise gestolpert. Regierungschef Yves Leterme war vorgeworfen worden, im Prozess um den Verkauf der belgischen Großbank Fortis unerlaubten Druck auf das Gericht ausgeübt zu haben.