Syrische Aktivisten melden schwere Kämpfe in der Provinz Homs. Westerwelle fordert das Regime auf, Gewalt gegen die eigenen Bürger einzustellen.

Beirut. Ungeachtet einer Ausweitung der Sanktionen durch die Europäische Union haben die syrischen Regierungstruppen am Montag eine von Aufständischen kontrollierte Stadt beschossen. Syrische Aktivisten des Londoner Observatariums für Menschenrechte und der Örtlichen Koordinationskomitees berichteten, dass verletzte Zivilpersonen in Krankenhäuser eingeliefert worden seien.

Ein Amateurvideo zeigte ein junges Mädchen, das in Rastan in einem Behelfslazarett behandelt wurde und vor Schmerzen schrie. Auf die Frage, wo ihre Mutter sei, schluchzte sie: „Sie ist tot.“

Rastan liegt in der mittelsyrischen Provinz Homs, nördlich der gleichnamigen Provinzhauptstadt, die eine Hochburg des Aufstands gegen das Regime von Präsident Baschar Assad ist. Rastan ist seit Januar unter Kontrolle der Aufständischen. Den Aktivisten zufolge begann der schwere Beschuss Rastans bereits am Sonntag.

Observatoriums-Leiter Rami Abdul Rahman sagte, die Rebellen hätten einige Militärfahrzeuge zerstört und Soldaten getötet. Eine unabhängige Bestätigung für die Angaben war nicht zu erhalten.

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Vor dem Angriff auf Rastan hatten syrische Truppen ein sunnitisches Dorf in der Provinz Hama angegriffen. Sie steckten Wohnhäuser in Brand und plünderten Geschäfte, hieß es in Aktivisten-Meldungen. Mindestens fünf Menschen seien getötet worden. Beobachter befürchten, dass dies eine Verschärfung der Spannungen zwischen religiösen Gruppen in Syrien ankündigen könnte. Die Mehrheit der Syrer gehört der sunnitischen Richtung des Islams an, die Machtelite um Assad besteht überwiegend aus Alawiten.

Zusammenstöße im Zusammenhang mit dem Aufstand in Syrien griffen unterdessen auch auf die nordlibanesische Grenzstadt Tripolis über. In Straßenkämpfen zwischen libanesischen Sunniten und alawitische Anhängern Assads sei am Montag ein Mensch getötet worden, hieß es. Bereits am Sonntag seien bei Zusammenstößen vier Menschen getötet worden.

Westerwelle warnt vor Flächenbrand

Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte das syrische Regime auf, die Gewalt gegen die eigenen Bürger einzustellen. Er sei „beunruhigt und bewegt“ über die Lage in dem Land, sagte der FDP-Politiker am Montag in Berlin. Zudem warnte er vor einem Übergriff der Gewaltakte auf die Nachbarländer Syriens. „Die Gefahr eines Flächenbrandes ist ernst“, sagte er.

Die andauernden Kämpfe in Syrien untergraben den seit dem 12. April geltenden UN-Friedensplan. Die EU weitete am Montag ihre Sanktionen gegen Syrien bereits zum 15. Mal aus: Die Außenminister belegten drei weitere Regimevertreter mit Einreise- und Vermögenssperren auferlegt, zwei Unternehmen müssen mit Kontensperren rechnen. Damit umfasst die „Schwarze Liste“ nun 128 Personen und 43 Firmen. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte, die Sanktionen richteten sich gegen die syrische Regierung, nicht gegen die Zivilbevölkerung.

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Außerdem stellten die Außenminister weitere Unterstützung für den Friedensplan des UN-Sondergesandten Kofi Annan in Aussicht. Bereits am Wochenende seien der Mission einige Spezialfahrzeuge zur Verfügung gestellt worden, sagte Ashton. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen handelte es sich dabei um rund 25 gepanzerte Fahrzeuge.

Der schwedische Außenminister Carl Bildt räumte zwar ein, dass 300 UN-Beobachter angesichts der Größe des Landes wenige seien und ihr Erfolg ungewiss sei. Die Alternative sei jedoch „das Horrorszenario, dass das Land im Bürgerkrieg versinkt“. Die Erfahrung zeige zudem, dass die Kampfhandlungen überall dort eingestellt würden, wo die Beobachter hinkämen.

(dapd)