Noch drei Tage bis zur Landung des Pontifex in Berlin. Erzbischof Robert Zollitsch kündigt überraschende Papst-Worte im Bundestag an.

Hamburg/Berlin. An diesem Donnerstag kommt Papst Benedikt XVI. um 10.30 Uhr auf dem Berliner Flughafen Tegel an. Es ist der dritte Besuch des früheren Kardinals Joseph Ratzinger in seiner Heimat Deutschland. Und es ist der erste offizielle Staatsbesuch, dessen Programm Messen im Olympiastadion, in Thüringen und Freiburg ebenso einschließt wie Treffen mit Bundespräsident Christian Wulff, Kanzlerin Angela Merkel, Altkanzler Helmut Kohl sowie muslimischen, jüdischen und protestantischen Vertretern. Die Sicherheitslage ist angespannt. In Berlin dürfen Menschen an der Wegstrecke des Papstes von Mitte zum Olympiastadion nicht einmal aus dem Fenster winken. Die Sicherheitsbehörden fürchten einen Anschlag. Neben der politischen und gesellschaftlichen Diskussion um den Papst-Besuch wird es Demonstrationen in Berlin geben.

Der katholische Erzbischof Robert Zollitsch hat angedeutet, dass Papst Benedikt XVI. bei seiner Ansprache im Bundestag auch überraschende Themen anschneiden wird. „Wenn Papst Benedikt im Deutschen Bundestag reden wird, dann spricht er vielleicht die eine oder andere Frage an, der man sich dort bisher noch nicht gestellt hat“, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in einem Beitrag für das Magazin „Focus“. Die Rede vor dem Parlament ist für Donnerstag geplant. Etwa 100 Abgeordnete von SPD, Grünen und Linken haben angekündigt, dem Auftritt des Papstes fernzubleiben. Die meisten Deutschen halten es für richtig, dass Benedikt XVI. auch im Bundestag sprechen wird. Das geht aus mehreren Umfragen vom Wochenende hervor.

Zollitsch schreibt weiter, zwar seien manche der Meinung, die Kirche gebe Antworten auf Fragen, die keiner stelle. Allerdings seien bislang ungestellte Fragen kein Beleg dafür, „dass diese Fragen bedeutungslos und die Antworten darauf unwichtig sind“. Es sei eine „Versuchung“, so der Erzbischof, die Kirche ausschließlich als Wertelieferant zu verstehen und sie auf eine Funktion als „Bundesagentur für Werte“ zu reduzieren.

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Dem sei nur beizukommen, indem die Kirche in die Gesellschaft hineintrage, „was nicht den Erwartungen, nicht den Modetrends oder dem Zeitgeist entspricht“. Der Freiburger Erzbischof rief dazu auf, „die Frage nach Gott an sich heranzulassen – bevor wir in der nächsten Krise oder Katastrophe stecken“.

Vor seinem Besuch wandte sich der Papst in der ARD-Sendung „Das Wort zum Sonntag“ an die Deutschen. „Ich freue mich besonders auf Berlin, wo es viele Begegnungen geben wird, und freue mich besonders natürlich auf die Rede im Bundestag und auf den großen Gottesdienst, den wir im Olympiastadion feiern dürfen.“ Rund 2,36 Millionen Fernsehzuschauer sahen die Sendung laut ARD. Das entspricht einem Marktanteil von 12,2 Prozent. Ein Höhepunkt seiner Reise werde das Treffen mit Vertretern der Evangelischen Kirche Deutschlands sein, sagte der Papst. „Wir erwarten keine Sensationen. Das eigentlich Große daran ist eben dies, dass wir miteinander an diesem Ort denken, das Wort Gottes hören und beten, und so inwendig beieinander sind und sich wahrhaft Ökumene ereignet“.

Bundeskanzlerin Angela Merkel widmete ihre wöchentliche Internet-Botschaft dem Papst-Besuch. Sie erklärte, für sie stehe der Aspekt der Ökumene „ganz besonders im Mittelpunkt“. Benedikt XVI. komme in das Land der Reformation. „Und wir bereiten uns gerade in der Dekade bis 2017 auf 500 Jahre Reformation in Deutschland vor“.

Papst Benedikt plant nach einem Bericht der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ auch ein Treffen mit Opfern sexueller Gewalt. Über den Termin werde im Vatikan und bei der Deutschen Bischofskonferenz Stillschweigen bewahrt. (abendblatt.de/dapd/KNA)