Kommission zur abgekupferten Doktorarbeit akzeptiert die Entschuldigungen nicht. Nur Spekulationen über einen Ghostwriter.

Bayreuth/Hamburg. Er hat abgeschrieben und getäuscht – vorsätzlich und nicht etwa schlampig oder aus Vergesslichkeit. Die Universität Bayreuth kommt in ihrem Bericht zur Plagiatsaffäre um die Doktorarbeit von Karl-Theodor zu Guttenberg zu einem klaren Urteil. Und das ist amtlich. Denn nur die Uni verleiht und entzieht den Doktorgrad. Der inzwischen zurückgetretene Verteidigungsminister habe beim Schreiben seiner juristischen Dissertation „die Sorgfaltswidrigkeit zum bewussten Arbeitsstil erhoben“, sagte der Vorsitzende der Uni-Kommission, Prof. Stephan Rixen, bei der Vorlage des Kommissionsberichtes. „Täuschungen durchziehen die Arbeit als werkprägendes Bearbeitungsmuster“, heißt es in dem Bericht. Das bedeutet: Guttenberg hat seine Arbeit zusammenmontiert, hat Textstellen gesammelt, gemischt und neu zusammengewürfelt. Das nennt man systematische Täuschung. Ob ein Ghostwriter Guttenberg die Arbeit abgenommen habe, lässt die Kommission offen. Dafür könne man keine Hinweise finden. Ein Ghostwriter, so der Bericht, wäre auch die schlimmste Form der Verfehlung.

Guttenberg hat sich noch nicht zum Bericht geäußert. Überdies sei die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Doktoranden sehr schwierig gewesen. „Die Möglichkeit, sich im direkten Gespräch gegenüber der Kommission zum Verdacht wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu äußern – auf diese Möglichkeit wurde er wiederholt hingewiesen –, hat Herr Frhr. zu Guttenberg nicht wahrgenommen“, heißt es im Bericht.

Der Kommissions-Vorsitzende Prof. Dr. Stephan Rixen vom Lehrstuhl für Öffentliches Recht sagte: „Diese Kommission ist kein Guttenberg-Tribunal, aber sie muss anknüpfen an das, was geschehen ist. Jeder Doktorand muss sich den Regeln stellen – ob er nun Guttenberg heißt oder anders.“ Man wolle nichts reinwaschen oder weißwaschen“, so Rixen. Die Ausreden Guttenbergs – Überlastung durch Mandat und Familie – zählten für die Kommission nicht. Rixen sagte auch: „Der Akzent liegt auf wissenschaftlichem Fehlverhalten.“ Es gehe um Guttenbergs „bewusste Falschangaben“. Dies sei nur ein anderer Ausdruck für Täuschung. Rixen unterschied zwischen Wortlauts- und Inhaltsplagiaten. Sie seien über die gesamte Arbeit verteilt. Die Hochschule hatte Guttenberg am 23. Februar den Doktortitel aberkannt. Zuvor hatte Guttenberg versucht, durch Niederlegung des Titels den Schaden klein zu halten.

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Die Staatsanwaltschaft Hof will im Sommer erste Ergebnisse ihrer Ermittlungen präsentieren. „Unsere Ermittlungen laufen noch, aber wir hoffen, im Sommer eine Zwischenbilanz vorlegen können“, sagte Oberstaatsanwalt Reiner Laib auf dapd-Anfrage. Am 1. März hatte Guttenberg sein Ministeramt niedergelegt. Sein Nachfolger wurde Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Für de Maizière kam Hans-Peter Friedrich (CSU) ins Amt des Innenministers.

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Der ehemalige bayerische Wissenschaftsminister und CSU-Generalsekretär Thomas Goppel geht nicht von einer Rückkehr Guttenbergs in die Politik aus. „Das ist im Prinzip vorbei“, sagte Goppel im Deutschlandfunk. „Ich glaube allen Ernstes, dass man in einer solchen Geschichte mit einem solchen Ergebnis mit solchen Vorgaben nicht davon reden kann, dass man morgen in der Politik wiederkommt.“ Den Umgang der Hochschule mit der Situation kritisierte Goppel scharf: „Dass die Universität Bayreuth sich selbst reinwäscht, halte ich nicht für gut.“ Guttenbergs Doktorvater trage eine Mitverantwortung. „Ein Doktorvater, der summa cum laude vergibt, und die eigenen Textstellen nicht einmal sieht, die da angeblich auch dabei sind, ist jemand, der im Betreuen des Doktoranden nicht genau genug und konkret genug gewesen ist.“

Der Bericht der Uni liefert Belege für das Ausmaß der Täuschung Guttenbergs und seinen Umgang mit der Affäre. Die Kommission hatte vor allem auch die verschiedenen Gutachten aus dem Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages untersucht. Die hatte Guttenberg als Abgeordneter angefordert und laut Bericht gnadenlos aus ihnen für seine Doktorarbeit abgeschrieben. Guttenbergs Ausreden wollen die Professoren nicht gelten lassen: „Die diversen Erklärungen von Herrn Frhr. zu Guttenberg, seine berufliche und familiäre Mehrfachbelastung habe ihn offensichtlich den Überblick über die Quellen verlieren lassen (so sprachlich variiert auch in seiner Stellungnahme vom 22. 3. 2011), vermochte die Kommission nicht zu überzeugen. Das würde voraussetzen, dass gerade die nicht eben seltene Situation einer Mehrfachbelastung durch Beruf und Familie zu unerkannten Plagiaten führt, wofür es aber generell an plausiblen Erfahrungssätzen und überdies an nachvollziehbaren Anhaltspunkten im konkreten Fall fehlt.“ Die Kommission glaubt auch nicht, dass Guttenberg in einen „Zustand der Dauervergesslichkeit“ geraten sei. (abendblatt.de/ryb)