Ärztekammerchef Prof. Frank Ulrich Montgomery lehnt Beihilfe zum Selbstmord durch Mediziner ab. Strafrechtliche Folgen bei Verstößen will er aber nicht.

Hamburg. Die politische Debatte um die Sterbehilfe und eine gesetzliche Regelung der Beihilfe zur Selbsttötung nimmt weiter an Fahrt auf. Insbesondere geht es dabei um die Frage, ob Ärzte Beihilfe zum Suizid leisten dürfen. Der Chef der Bundesärztekammer, Prof. Frank Ulrich Montgomery, machte in einem Gespräch mit dem Abendblatt noch einmal klar, dass er jegliche Mitwirkung des Arztes bei einer Selbsttötung ablehnt. „Der Arzt muss immer das Leben erhalten. Wir haben als Ärzte eine Garantenstellung für das Leben, und das müssen die Patienten wissen“, sagte Montgomery.

Er sprach sich auch gegen jede Form der organisierten Hilfe zur Selbsttötung aus und bezog sich dabei unter anderem auf den Sterbehilfeverein des früheren Hamburger Justizsenators Roger Kusch oder die Schweizer Sterbehilfeorganisation Dignitas.

Mit dieser Haltung liegt der Ärztekammerchef auf einer Linie mit Bundesgesundheitsminister Herman Gröhe (CDU), der sich für ein Verbot jeder organisierten Beihilfe zum Suizid einsetzt und ebenfalls die ärztliche Beihilfe zur Selbsttötung schwerstkranker Menschen ablehnt.

Auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sprach sich am Freitag für ein weitgehendes Verbot von Sterbehilfe-Angeboten aus. „Für mich persönlich steht fest, dass organisierte und gewerbsmäßige Sterbehilfe in Deutschland nicht möglich sein sollte“, sagte Hasselfeldt im Gespräch mit der „Passauer Neuen Presse“ .

Es gibt aber auch andere Stimmen im Bundestag. So will Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU) in bestimmten Fällen eine ärztlich assistierte Selbsttötung möglich machen: „Ich möchte gerne Rechtssicherheit schaffen für Ärzte und Patienten, dass ein ärztlich assistierter Suizid in einer aussichtslosen Schmerz- und Ekellage am Ende des Lebens möglich ist.“

Aufsehen erregte auch kürzlich ein Gesetzentwurf, den vier renommierte Mediziner, Ethiker und Juristen vorlegten. Danach soll die Beihilfe zur Selbsttötung mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden, allerdings mit Ausnahmeregelungen für schwerste Einzelfälle.

Die strafrechtliche Verfolgung von Verstößen bei Ärzten lehnt Montgomery ab. Die Alternative zum assistierten Suizid sei die Palliativmedizin. Dazu gehörten auch Medikamente, um dem Menschen die Angst vor dem Sterben zu nehmen. Das Dilemma sei, dass eine solche Behandlung auch die Lebenserwartung verkürzen könne. „Durch eine strafgesetzliche Regelung tun wir vielen Leuten, die eine gute Palliativmedizin machen, keinen Gefallen, weil sie die Sorge haben, bei jedem Fall die Staatsanwaltschaft im Hause zu haben. Dadurch würden wir Ärzte verschrecken, die wir für die Palliativmedizin gewinnen wollen“, sagte der Ärztekammerpräsident.

Stattdessen sollte laut Montgomery das Berufsrecht der Ärzte angewandt werden. Dieses reicht von einer Rüge bis hin zum Verfahren vor dem Berufsgericht mit Verhängung einer Geldstrafe. Es kann auch bei der zuständigen Behörde den Antrag auf Entzug der Approbation stellen.

Gegen ein strafrechtliches Verbot sind auch SPD-Abgeordnete wie Kerstin Griese, die Sterbehilfevereine über das Vereinsrecht verbieten will. Für Ärzte verlangt sie, ebenso wie SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbauch „Entscheidungsspielräume in extremen Notlagen“. Bei den Grünen sind zwar viele gegen kommerzielle Sterbehilfe, gemeinnützige Vereine für die Beihilfe zur Selbsttötung sollten nach Ansicht von Renate Künast (Die Grünen) aber erlaubt sein.

Lauterbach arbeitet zurzeit mit Hintze und der stellvertretenden SPD-Fraktionschefin Carola Reimann an einem Gruppenantrag zur Sterbehilfe. Ihr Ziel ist es, todkranken Patienten in großer Not einen Ausweg zu eröffnen, wenn die Palliativmedizin ihnen nicht mehr helfen kann.

Die Aktive Sterbehilfe, die Tötung auf Verlangen, ist in der Bundesrepublik verboten. Die Beihilfe zur Selbsttötung ist dagegen derzeit straffrei. Das neue Gesetz könnte im Frühjahr 2015 kommen. Bei der Abstimmung im Bundestag soll kein Fraktionszwang gelten, da jeder Abgeordnete seine Haltung in dieser ethischen Frage selbst bestimmen soll.

Montgomery jedenfalls schließt eine Mitwirkung von Ärzten bei Suiziden kategorisch aus: „Jeder hat das Recht, Suizid zu begehen, aber er soll nicht glauben, dass er das klinisch sauber mithilfe der Ärzte bekommt. Da machen wir nicht mit.“