Deutsche Kampfflugzeuge und Schiff sollen Präsenz unterstützen. Die Lage in der Ostukraine ist unübersichtlich. Soldaten laufen zu Separatisten über.

Donezk/Kiew/Moskau/Berlin. Die Krise um die Ukraine, Separatisten und den Einfluss Russlands weitet sich immer mehr zu einem bedrohlichen militärischen Szenario aus. Während pro-russische Separatisten sechs Schützenpanzer der ukrainischen Armee in ihre Gewalt brachten, will die Nato an ihrer Ostgrenze größere Präsenz zeigen. Und auch die Bundeswehr wird mit Schiffen und Kampfflugzeugen vertreten sein. Auf diplomatischem Terrain gibt es ebenfalls keine Entwarnung.

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärte, in Osteuropa würden die Verteidigungsmaßnahmen zu Land, zur See und in der Luft verstärkt. Russland wird von der Nato für die Übergriffe pro-russischer bewaffneter Einheiten im Osten der Ukraine verantwortlich gemacht.

Deutschland wird sich zunächst mit einem Schiff und sechs Kampffliegern an der Verstärkung der Nato-Präsenz in den östlichen Bündnisstaaten beteiligen. Das bestätigte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Der Tender „Elbe“ mit rund 45 Soldaten Besatzung soll von Ende Mai an ein Minenräum-Manöver in der Ostsee leiten. Bis zu sechs Kampfflieger vom Typ „Eurofighter“ sollen sich ab September für vier Monate an der Luftraumüberwachung über dem Baltikum beteiligen. Ob Deutschland darüber hinaus zur stärkeren Nato-Präsenz im Osten beitragen wird, blieb zunächst unklar.

Dem ukrainischen Militär gelingt es nicht, die Lage im Osten des Landes unter Kontrolle zu bringen. Pro-russische Separatisten besetzten am Mittwoch ein weiteres Verwaltungsgebäude in Donezk. Zudem gab es einen Tag nach Beginn der Militäraktion der ukrainischen Armee Berichte über Überläufer.

Am Donnerstag soll es ein Krisentreffen mit Vertretern der Ukraine, Russlands, der USA und der EU geben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefonierte erneut mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Putin warnte davor, dass die Ukraine auf einen Bürgerkrieg zusteuere.

Im ostukrainischen Industriezentrum Donezk wurde das Rathaus offiziellen Angaben zufolge von mindestens 20 Bewaffneten gestürmt. Die Separatisten halten Verwaltungsgebäude in zehn Städten im Osten der früheren Sowjet-Republik besetzt. Die Regierung will die Aktionen mit einem Anti-Terror-Einsatz beenden, der nach Aussagen der Verantwortlichen verantwortungsvoll und ohne viel Blutvergießen geführt werden soll.

Ein zu den Separatisten übergelaufener Soldat sagte in Slawjansk, er und andere Angehörige der Fallschirmjäger hätten sich entschieden, die Seiten zu wechseln, weil sie nicht auf das eigene Volk schießen wollten. „Sie haben uns in unserem Stützpunkt drei Tage lang nichts zu essen gegeben. Hier bekommen wir etwas zu essen. Was glauben Sie, für wen wir kämpfen?“

Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk beschuldigte Russland, den „Terrorismus in die Ukraine zu exportieren“. Die russische Führung benutze verdeckt operierende Truppen, um bewaffnete Separatisten zu organisieren, sagte er. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte hingegen, der Einsatz der Truppen in der Ost-Ukraine sei inakzeptabel. Die Führung in Kiew müsse auf die Stimme des Volkes hören und Gewalt vermeiden.

Wegen der Ukraine-Krise haben die Parlamentspräsidenten der sieben großen Industrienationen (G7) ihr alljährliches Treffen mit dem Kollegen aus Russland abgesagt. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) begründete dies damit, dass das Parlament in Moskau – die Duma – eine erhebliche Mitverantwortung am russischen Vorgehen trage.