Der Verteidigungssminister spricht weiter von Krieg in Afghanistan. Unterdessen wurde sein Hubschrauber beim Besuch in Kundus beschossen.

Berlin. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hält den Begriff „Krieg“ zur umgangssprachlichen Beschreibung der Lage in Afghanistan für angemessen. Zwar handele es sich nach dem Völkerrecht nicht um einen Krieg. „Aber ich glaube, wir dürfen den Begriff schon so in der Umgangssprache nutzen, damit er auch verstanden wird“, sagte er der ARD für den „Bericht aus Berlin“ am Sonntag. Er „habe großes Verständnis dafür“, wenn der Bundeswehr-Einsatz als Krieg beschrieben werde. „Das ist eine Empfindung. Das ist ein Wort, das ja nicht nur die juristische Dimension kennt, sondern eben auch die umgangssprachliche“, sagte der Minister. Was das Völkerrecht als Umschreibung biete, „wenn man jetzt von nicht internationalen bewaffneten Konflikten spricht und ähnlichem“, sei sicher keine Sprache, die Soldaten oder die Bevölkerung gebrauchten.

Die Hubschrauber-Gruppe, mit der Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) am Freitag in Afghanistan unterwegs war, war auf dem Flug von Kundus nach Termes (Usbekistan) beschossen worden. Wie die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ berichtete, wurde der Zwischenfall dem Minister noch während des Fluges mitgeteilt. Der Beschuss durch Aufständische mit Infanteriewaffen ereignete sich den Angaben zufolge in der Region Kundus. Die drei Helikopter vom Typ CH-53 konnten allerdings den Flug fortsetzen, über Schäden an den Maschinen wurde nichts bekannt. An Bord des Hubschraubers, in dem der Minister reiste, war auch Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan.

Guttenberg hatte in Kundus das deutsche Feldlager besucht. Am Vortag sei ein Bundeswehr- Hubschrauber desselben Typs ebenfalls mit automatischen Waffen beschossen und getroffen worden, berichtet die Zeitung. Er hatte vier Treffer in einem Zusatztank. Deutschland wolle Mitte Januar eine zusätzliche Einsatzkompanie mit 120 Soldaten ins nordafghanische Kundus entsenden, kündigte Guttenberg am Freitag zum Abschluss seines Besuchs in der Unruheregion an. Die Truppen sollen die dort bereits stationierten 450 Eingreifkräfte verstärken – also jene Soldaten, die sich im Ernstfall Gefechte mit den Taliban liefern.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übernahm inzwischen die Formulierung des neuen deutschen Verteidigungsministers, der von „kriegsähnlichen Zuständen“ in Teilen Afghanistan spricht. Sie warb zugleich für eine neue Afghanistan-Konferenz Anfang 2010. Dort müsse eine Perspektive festgelegt werden, bis wann die afghanische Regierung selbst für die Sicherheit im Land sorgen könne. Guttenberg betonte, die afghanische Regierung müsse mit Taten in Vorleistung gehen. Er habe ein sehr offenes Gespräch mit Präsident Hamid Karsai gehabt.

Die Beiträge der afghanischen Regierung „dürfen sich nicht nur in Worten erschöpfen“, sagte der CSU-Politiker. „Sie müssen Taten nach sich ziehen. Und die Korruptionsbekämpfung, Kriminalitätsbekämpfung, auch die Frage Drogenanbau, all das sind nicht nur Dinge, die man der internationalen Gemeinschaft überlassen kann, sondern da ist auch die afghanische Regierung gefragt.“ Bei der Afghanistan-Konferenz zu Beginn des kommenden Jahres müsse die neue Strategie definiert werden. Dies schließe zeitliche Zielmarken ein.

Derzeit sind in Afghanistan etwa 4500 deutsche Soldaten im Einsatz. Guttenberg war am Freitagmorgen zu einem aus Sicherheitsgründen nicht angekündigten Besuch in Kundus eingetroffen. Er wollte sich ein Bild von der Lage in der Region machen, wo am 4. September auf Befehl eines deutschen Obersts zwei von den Taliban gekaperte Tanklastwagen bombardiert worden waren. Dabei kamen nach Angaben der NATObis zu 142 Menschen ums Leben – Aufständische, aber auch Zivilisten.