Der frühere KZ-Wächter John Demjanjuk ist aus den USA nach Deutschland abgeschoben worden. Der 89-Jährige befindet sich derzeit in einem Flugzeug auf dem Weg nach München.

Washington. Nach monatelangem zähen juristischen Ringen ist der frühere KZ-Wächter John Demjanjuk aus den USA nach Deutschland abgeschoben worden. Ein Flugzeug mit dem 89-Jährigen an Bord startete Montagabend um 19.13 Uhr Ortszeit (Dienstag 01.13 Uhr MESZ) in Cleveland in Richtung München. Kreisen zufolge wurde er am Dienstag gegen 9 Uhr in München erwartet.

Demjanjuk wurde an Bord der Maschine gebracht, die im Sonnenuntergang am Burke Lakefront Airport in Cleveland im US-Bundesstaat Ohio abhob. Kreisen in den USA zufolge handelte es sich um ein Flugzeug mit medizinischen Vorrichtungen. US-Beamte hatten Demjanjuk am Montag zunächst aus seinem Haus in Seven Hills mit einer Krankentrage abgeholt, er schien zu weinen. Per Krankenwagen wurde Demjanjuk zunächst in ein Regierungsgebäude gebracht, um dort die Formalitäten zu erledigen. Montagfrüh hatten zwei Geistliche Demjanjuks Haus in Seven Hills betreten, eine Reihe von Angehörigen traf ebenfalls ein, um sich zu verabschieden.

Demjanjuks Familie kündigte vor dem Abflug an, sie wolle sich zunächst nicht weiter äußern. Demjanjuks Sohn John Demjanjuk junior hatte aber am Montag in einer E-Mail seiner Frustration wegen der bevorstehenden Abschiebung Luft gemacht. Er bezeichnete sie als „unmenschlich, auch wenn die Gerichte gesagt haben, es sei gesetzesgemäß“. „Das hier ist keine Gerechtigkeit, das hier ist ein Rachefeldzug im verfälschten Namen der Justiz in der Hoffnung, dass Deutschland irgendwie seine Vergangenheit wiedergutmachen kann“, erklärte Demjanjuk junior.

Demjanjuks Angehörige hatten immer wieder versucht, die Abschiebung bei Gericht zu stoppen. Sie hatten dabei vor allem darauf verwiesen, dass Demjanjuk zu krank und schwach für die Abschiebung sei. Ärzte hatten Demjanjuk allerdings attestiert, er sei sehr wohl reisefähig, wenn er medizinisch betreut werde. Zuletzt hatte ein Richter des Obersten Gerichtshofes der USA am Donnerstag einen Eilantrag abgelehnt.

Auch vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mussten Demjanjuk und seine Angehörigen eine Niederlage einstecken. Wie das Gericht am Montag mitteilte, wurde der Antrag Demjanjuks gegen eine Abschiebung auch hier zurückgewiesen. Konkret lehnte das Gericht demnach ab, die Bundesrepublik dazu zu verpflichten, den staatenlosen Demjanjuk nicht in Deutschland aufzunehmen.

Dem gebürtigen Ukrainer Demjanjuk soll in München der Prozess gemacht werden. Ihm wird vorgeworfen, im Jahr 1943 für ein halbes Jahr zu den Wachmannschaften des NS-Vernichtungslagers Sobibor im damals von Deutschland besetzten Polen gehört zu haben. In dieser Zeit wurden dort rund 29.000 Juden umgebracht, weshalb Demjanjuk Beihilfe zum Mord in 29.000 Fällen vorgeworfen wird.

Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, erklärte, der „lange Arm“ der US-Justiz sei im Fall des „schrecklichen Nazi-Verfolgers“ erfolgreich gewesen. Die jüdische Gemeinde in den USA und vor allem die Überlebenden des Holocaust begrüßten es, dass „dieses gemeine Individuum“ nicht mehr in ihrer Mitte sei. Auch das Simon-Wiesenthal-Zentrum reagierte erfreut. Der Prozess gegen Demjanjuk werde „wahrscheinlich der letzte Prozess gegen einen Nazi-Kriegsverbrecher“ sein, sagte der Gründer des Zentrums, Rabbi Marvin Hier.