Nach vier Nächten der Gewalt – Ausschreitungen greifen von London auf andere Städte über

London. Wegen der nächtelangen Krawalle in Großbritannien will Premierminister David Cameron schärfer gegen Randalierer vorgehen lassen. Angesichts der landesweiten Ausschreitungen müssten alle denkbaren Schritte zur Wiederherstellung der Ordnung ergriffen werden, sagte der Regierungschef. Erwogen werde auch der Einsatz von Wasserwerfern. Während in der Nacht zum Mittwoch in London etwa 16.000 Polizisten weitgehend für Ruhe sorgen konnten, kam es stattdessen in Manchester und anderen Städten zu Ausschreitungen.

In Teilen der britischen Gesellschaft herrsche vollkommene Verwahrlosung, sagte Cameron am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Wenn Jugendliche lachend Geschäfte plünderten, sei klar, dass in der Gesellschaft etwas nicht stimme. „Das ist ein moralisches wie politisches Problem“, sagte der Premierminister.

Die Londoner Polizei erklärte, ihre massive Präsenz werde noch mindestens 24 Stunden lang aufrechterhalten. In den Straßen der Hauptstadt herrschte in der vierten Nacht seit Beginn der Krawalle gespenstische Ruhe. In Manchester dagegen lieferten sich hunderte Randalierer Straßenschlachten mit der Polizei und setzten Geschäfte in Brand. Auch aus kleineren Städten wie Leicester und Nottingham wurden Ausschreitungen gemeldet.

In Manchester wurden laut Polizei etwa 50 Personen festgenommen. Es gebe keinen Grund für Proteste, sagte der stellvertretende Polizeichef Garry Shewan: „Es gibt keine Ungerechtigkeit und kein Ereignis, das das ausgelöst hat.“ In London gab es bislang 685 Festnahmen. Gegen mehr als Hundert mutmaßliche Randalierer wurde Anklage erhoben, darunter auch ein elfjähriges Kind.

In der Hauptstadt wurden am Mittwoch Forderungen nach einem robusteren Auftreten der Polizei laut. Der konservative Abgeordnete Patrick Mercer verlangte den Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern gegen Randalierer. Die Öffentlichkeit wolle ein entschlossenes Handeln sehen, sagte auch der Leiter der Fakultät für Kriminologie an der Universität von Ostlondon, Andrew Silke. Viele Geschäfte, Büros und Restaurants hatten aus Sorge vor neuen Unruhen am Mittwoch vorzeitig geschlossen.

In Birmingham wurden in den vergangenen Tagen etwa 250 Menschen festgenommen. Die Polizei nahm zudem Ermittlungen bezüglich des Todes von drei Männern auf, die bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen waren, der möglicherweise mit den Ausschreitungen in Verbindung stand. Auch wegen Berichten über Schüsse in der Innenstadt wurde eine Untersuchung eingeleitet.

Der Chef der rechtsextremen English Defense League (EDL) kündigte an, die Gruppe wolle in mehreren Städten Mitglieder auf die Straßen schicken, um die Unruhen zu ersticken. So sei geplant, dass in Luton, dem Sitz der Gruppe, und weiteren Städten bis zu 1.000 Mitglieder ausrücken sollten, sagte Stephen Lennon der Nachrichtenagentur AP.

„Wir werden die Unruhen stoppen, die Polizei ist dazu offensichtlich nicht in der Lage“, sagte Lennon. Dass es keine gewaltsamen Auseinandersetzungen mit randalierenden Jugendlichen geben werde, könne er nicht garantieren.