US-Präsident vermeidet Kritik an deutscher Haltung zu Libyen. Obama: “Kanzlerin Merkel ist einer meiner engsten globalen Partner.“

Washington. Mit dem Nein zum Waffengang in Libyen irritierte Berlin die USA – jetzt rücken Barack Obama und Angela Merkel wieder zusammen. Beim Besuch der Kanzlerin in Washington einigten sich beide Seite darauf: Deutschland muss sich in Libyen mehr engagieren – nach dem Sturz des Diktators Muammar al-Gaddafi.

„Wir haben verabredet, dass sich Deutschland sehr wohl verantwortlich fühlen wird für den Fortgang in Libyen“, sagte Merkel mit Blick auf den Wiederaufbau in dem nordafrikanischen Land. Beide bekräftigten vor Journalisten im Weißen Haus, dass Gaddafi die Macht abgeben müsse. „Aber dann gibt es eine Menge Arbeit zu tun“, fügte Merkel hinzu.

Obama machte unmissverständlich klar, dass er eine „volle und robuste Unterstützung“ durch Berlin erwarte. Diese müsse ein „breites Aufgabenspektrum" umfassen, sagte er, ohne Einzelheiten zu nennen.

Der zweitägige Besuch Merkels war vom Bemühen beider Seiten geprägt, den amerikanischen Ärger über die Enthaltung Deutschlands bei der Entscheidung über den Nato-Einsatz in Libyen zu glätten. Obama bereitete dem Gast einen großen Empfang samt hochemotionalen Tönen.

„Deutschland im Herzen Europas ist einer unserer stärksten Verbündeten und Kanzlerin Merkel ist einer meiner engsten globalen Partner“, sagte Obama zum Auftakt. Das Verhältnis Deutschlands zu Amerika zeige: „Kriege können zu Ende gehen. Feinde können Verbündete werden. Mauern können fallen.“ Auf Deutsch fügte er hinzu: „Herzlich Willkommen“.

Merkel sagte: „Wir Deutsche wissen, dass wir in Amerika einen wahren Freund haben.“ Es gebe keinen besseren Partner für Deutschland und Europa als die Vereinigten Staaten. Merkel, die sich auch kurz auf Englisch äußerte, sprach von einem „überwältigenden Empfang“.

Ein Staatsbankett (Mittwoch 01.30 Uhr MESZ) ist Höhepunkt der zweitägige Visite. Dabei verleiht Obama Merkel die Freiheitsmedaille, die höchste zivile Auszeichnung in den USA. Die deutsche Bundeskanzlerin ist die erste europäische Regierungschefin, die von Obama so gewürdigt wird. Unter den Gästen bei der offiziellen Begrüßung auf dem South Lawn war auch der TV-Unterhalter Thomas Gottschalk.

Obama vermied Kritik an Deutschland wegen der Libyen-Entscheidung. Berlin habe dafür zusätzliche Aufgaben in Afghanistan übernommen, dadurch seien Nato-Kapazitäten für den Libyeneinsatz frei geworden. „Nicht jeder kann bei allem mitmachen“, sagte Merkel.

Obama sagte, der Nato-Einsatz in Libyen sei auf einem erfolgversprechenden Weg. „Unsere bisherigen Fortschritte in Libyen sind bedeutend.“ Er fügte hinzu: „Bundeskanzlerin Merkel und ich teilen die Ansicht, dass (Machthaber Muammar al-) Gaddafi zurücktreten muss, um seines Volkes Willen.“

Weitere Themen zwischen Obama und Merkel waren die europäische Schuldenkrise und die Lage der Weltwirtschaft. Berlin spiele eine Schlüsselrolle im Kampf gegen die europäische Schuldenkrise. Merkel erklärte, Deutschland und Europa seien sich der Verantwortung für die Weltwirtschaft bewusst. Sie wollte sich allerdings nicht zum amerikanischen Schuldenproblem äußern. Jedes Land und jede Region müsse mit den eigenen Problemen fertig werden. Europa habe alle Hände voll zu tun, fügte sie hinzu.

Zu einem humorigen Schlagabtausch kam es über die Frage eines möglichen Berlinbesuchs des US-Präsidenten. Obama sagte bei der gemeinsamen Pressekonferenz, er habe dazu noch reichlich Zeit – er rechne schließlich mit einer zweiten Amtszeit. Merkel reagierte mit dem Hinweis, dass Berlin den Präsidenten mit offenen Armen begrüßen würde. Doch die Berliner hätten Geduld: „Ich kann versprechen, das Brandenburger Tor steht noch eine Weile.“ In Deutschland herrscht teilweise Irritation, dass Obama bislang noch nicht in Berlin war.

Bereits am Montagabend (Ortszeit) hatte Obama eine besondere Geste gezeigt: Er hatte Merkel samt einer hochrangigen Delegation zu einem vertraulichen Gespräche in ein Restaurant in Washington eingeladen. Themen seien die arabische Revolution, der Krieg in Afghanistan, der Nahost-Konflikt, die Eurokrise gewesen, hieß es aus deutschen Regierungskreisen. Es sei ein „schönes, zweistündiges Gespräch in entspannter Atmosphäre“ gewesen.

Seit der Amtszeit von Kanzler Helmut Kohl hat es keinen solchen deutschen Besuch in den USA gegeben. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte: „Dieser außergewöhnliche Empfang der deutschen Delegation durch die amerikanische Regierung zeigt, dass das Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika wirklich vorzüglich ist.“ Merkel, die von fünf Ministern geleitet wurde, traf sich außerdem mit Außenministerin Hillary Clinton und Vizepräsident Joe Biden zu einem Mittagessen.

Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) machte sich für eine Wiederbelebung des 2007 gegründeten und nicht richtig in Gang gekommenen transatlantischen Wirtschaftsrates der EU und USA stark. Ziel dieser Kooperation ist die Angleichung unterschiedlicher Standards und Regulierungen, die Handel und Investitionen etwa in den Bereichen Elektromobilität und Rohstoffe unnötig belasten.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sagte in einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk und WDR in Washington, die USA hätten ihre Truppen im vorigen Jahr um 30 000 Mann zur Intensivierung des Einsatzes aufgestockt. Zugleich hätten sie schon damals angekündigt, mit dem Rückzug im Juni 2011 zu beginnen. Westerwelle sagte: „Die Anschläge und Rückschläge, die wir dort sehen, sind furchtbar. Trotzdem kann das nicht heißen, dass wir in Afghanistan noch einmal 10 Jahre mit Kampftruppen bleiben.“ (dpa)