Dort hatten sich Oppositionelle versammelt. Präsident Baschar al-Assad fürchtet die Protestwelle aus anderen arabischen Ländern.

Damaskus. In Syrien gehen die Sicherheitskräfte offenbar immer härter gegen Gegner von Präsident Baschar al-Assad vor. Am Mittwoch stürmten sie nach Angaben von Anwohnern eine Moschee und töteten sechs Menschen. Damit stieg die Zahl der Toten seit Beginn der Proteste vor einer Woche auf zehn. Die Regierung erklärte indes, die Sicherheitskräfte hätten auf Mitglieder einer „bewaffneten Bande“ geschossen. Die Demonstranten verlangen ein Ende von Korruption und Unterdrückung, aber nicht Assads Rücktritt. Die Proteste sind die schwerste Bedrohung für Assads Macht, seit er vor elf Jahren die Herrschaft von seinem Vater übernahm.

Er hat zwar eine vorsichtige Öffnung des Landes eingeleitet, das autoritäre System mit dem einflussreichen Geheimdienst aber nicht angetastet. Seitdem die Baath-Partei 1963 an die Macht kam, ist jede Opposition verboten. Regiert wird mit Notstandsgesetzen. Nach Einschätzung von Human Rights Watch zählt Syrien zu den Ländern mit den schwersten Verstößen gegen Menschenrechte weltweit. Syrien mit seinen 20 Millionen Einwohnern grenzt an die Türkei, den Irak, Israel, Jordanien und den Libanon.

Die Übergriffe am Mittwoch ereigneten sich in der südlichen Stadt Deraa. Dort haben die Demonstranten in der Omari-Moschee ein Zentrum für ihren Protest eingerichtet. Sicherheitskräfte stürmten Anwohnern zufolge den Komplex in der Nacht. In der Umgebung war heftiges Gewehrfeuer zu hören. „Es ist nicht ganz klar, was vor sich geht, denn der Strom ist gekappt und es wird auch Tränengas eingesetzt“, sagte ein Anwohner, der namentlich nicht genannt werden wollte. Auch Telefonverbindungen wurden vor dem Angriff unterbrochen.

Unter den Toten sei ein Arzt aus einer prominenten Familie des Ortes. Er wollte nach Angaben von Anwohnern Verletzten an der Moschee helfen. Die Behörden erklärten indes, der Arzt sei von einer bewaffneten Bande getötet worden. Die Demonstranten haben angekündigt, die Moschee erst zu verlassen, wenn ihre Forderungen erfüllt sind. Ob sie bewaffnet sind, war unklar. Vorige Woche hatten Polizisten in Deraa vier Demonstranten getötet, als sie mit Waffengewalt gegen Proteste vorgingen. Dabei starb auch ein elfjähriges Kind.

In den vergangenen Tagen haben in Deraa und Nawa im Süden des Landes Hunderte Menschen demonstriert. „Wir wollen Brot, aber auch Freiheit“, hatte ein Bewohner erklärt. In Deraa kam es 2010 wegen einer Dürre zu schweren Ernteausfällen. Seit die Protestwelle der arabischen Welt auch Syrien erfasst hat, wurden dort Hunderte Menschen festgenommen. (rtr)