Jemens Staatschef Ali Abdallah Saleh verliert an Rückhalt. Mächtige Stammesfürsten erhöhen den Druck. Auch der Chef der Uno schaltet sich ein.

Sanaa. Erst rebellierten Bürger, jetzt wenden sich auch wichtige Funktionsträger vom Langzeit-Herrscher Jemens ab. Das Land scheint vor einer Wende zu stehen. Es könnte zerfallen.

Der jemenitische Präsident Ali Abdullah Salih steht im Kampf um seine Macht zunehmend isoliert da. Am Montag stellte sich sein Halbbruder General Ali Mohsen al-Ahmar gegen ihn, bisher eine der wichtigsten Stützen seines Regimes. Al-Ahmar schloss sich den Demonstranten auf dem Taghier-Platz in Sanaa an, die seit Wochen den Rücktritt des Präsidenten fordern. Er begründete seinen Schritt mit der „tiefen Krise, in der das Land steckt“.

Das Verteidigungsministerium erklärte, die Streitkräfte stünden weiter hinter Salih. Nach Informationen des Nachrichtensenders Al-Arabija quittierten aber auch Dutzende Offiziere der Armee und des Innenministeriums den Dienst. Zudem traten der Generalstaatsanwalt, der Chef der staatlichen Nachrichtenagentur und der Gouverneur der Hafenstadt Aden zurück. Jemens Vertreter in Frankreich, Khaled al-Akwaa, erklärte der Nachrichtenagentur afp, er habe Salih gemeinsam mit vier weiteren Botschaftern seines Landes in Europa schriftlich zum Abdanken aufgefordert. Die Funktionäre reagierten damit auf die Gewalt der Staatsmacht gegen Demonstranten. Am vergangenen Samstag waren auf dem Taghier-Platz 52 Demonstranten erschossen worden.

Ein Beamter des Außenministeriums in Sanaa erklärte, General Ali Mohsen al-Ahmar habe sich dafür entschieden, die Demonstranten zu schützen, mit deren Zielen er sympathisiere. Auch die meisten Offiziere seiner Einheit stünden nun auf der Seite der Opposition. Der französische Außenminister Alain Juppé sagte am Montag in Brüssel: „Es scheint heute so zu sein, dass der Abgang von Präsident Salih unausweichlich ist.“

Der General, der in den vergangenen Jahren mehrere Offensiven gegen die schiitischen Houthi-Rebellen im Nordwesten Jemens befehligt hatte, soll gute Kontakte zum Herrscherhaus des Nachbarlandes Saudi-Arabien haben. Er hat schon zahlreiche Attentatsversuche überlebt. Am Montag entschuldigte er sich angeblich bei den Rebellen für seine Rolle als Kommandeur der Truppen in den Provinzen Saada und Al-Dschauf. Die Nachrichtenwebsite „News Yemen“ meldete, die Houthi-Rebellen hätten seine Entschuldigung begrüßt. Westliche Experten befürchten, der Jemen könne zerfallen wie Somalia. Die Rebellen haben von dem Chaos in Sanaa bereits profitiert. „News Yemen“ meldete, sie hätten einen Militärstützpunkt in der Provinz Al-Dschauf umzingelt. Bei einem Gefecht zwischen Armee und Rebellen seien 15 Menschen getötet worden, darunter 10 Soldaten.

Seit zwei Jahren berichten Insider über eine Rivalität zwischen Al-Ahmar und Ahmed Salih, einem Sohn des Präsidenten. Der Präsidentensohn ist Kommandeur der Republikanischen Garde.

Laut Informationen aus dem Verteidigungsministerium schloss sich auch Mohammed Ali Mohsen, der Kommandeur der westlichen Region, den Demonstranten an. Auch Mohammed Ali Mohsen ist mit Präsident Salih verwandt. (dpa)