Zwei Wochen nach seinem überraschenden Rücktritt wurde Horst Köhler verabschiedet: “Es war mit eine Ehre, Deutschland zu dienen“.

Berlin. Zwei Wochen nach seinem Rücktritt ist Bundespräsident Horst Köhler von der Bundeswehr mit einem Großen Zapfenstreich verabschiedet worden. An der Zeremonie im Park des Berliner Schlosses Bellevue nahmen am Dienstagabend unter anderem Kanzlerin Angela Merkel, Vizekanzler Guido Westerwelle und Bundestagspräsident Norbert Lammert teil. Auch Köhlers Ehefrau Eva Luise und seine beiden Kinder Ulrike und Jochen waren zugegen. Neben Köhler standen während der Zeremonie Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und der Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker.

Der Große Zapfenstreich begann um 22.00 Uhr mit dem Einmarsch der Formation zu den Klängen des Yorck’schen Marsches. Das höchste militärische Zeremoniell der Bundeswehr steht Bundespräsidenten, Bundeskanzlern und Verteidigungsministern zu. Für die musikalisch gestaltete Abschiedszeremonie lässt die Bundeswehr gewöhnlich ihr Stabsmusikkorps aufmarschieren, das von Soldaten unter Gewehr und Fackelträgern begleitet wird.

Auf Wunsch Köhlers spielte das Musikkorps den „Marsch der Elisabether“ von Johann Strauß, einen historischen Marsch aus der Zeit Friedrich des Großen sowie den „St. Louis Blues“ von William Handy. Reden oder Grußworte werden beim Großen Zapfenstreich traditionell nicht gehalten. Abgeschlossen wurde er mit der Nationalhymne. Köhler war sichtlich bewegt.

Der 67-Jährige war Ende Mai wegen der Kritik an seinen Äußerungen zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr zurückgetreten. Sein Nachfolger wird am 30. Juni gewählt. Das Amt soll nach dem Willen von Union und FDP der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff übernehmen. Der 50-Jährige ist im Bundestag trotz der Unruhe der vergangenen Tage auf breite Zustimmung gestoßen. Zwei Wochen vor der Wahl stellte sich Wulff am Dienstag den Fragen der Abgeordneten. Der CDU-Politiker zeigte sich siegesgewiss: „Ich kann mich verlassen auf CDU, CSU und FDP am 30. Juni.“ Deutschland stehe vor „gigantisch großen Herausforderungen“.

Leichte Entspannung auch bei der Gesundheitspolitik: Nach dem Streit stehen die Zeichen vor der Expertenklausur auf Kompromiss. Wulff warb deutlich um FDP-Stimmen. FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger sagte: „Ich bin überzeugt, dass er am 30. Juni mit einer großen Mehrheit zum Bundespräsidenten gewählt werden wird.“ Nach Teilnehmerangaben gab es kaum kritische Anmerkungen bei der Vorstellung von Wulff. Vor allem unter FDP-Landesverbänden im Osten gibt es Sympathien für den Kandidaten von SPD und Grünen, Joachim Gauck. Der sächsische FDP-Bundestagsabgeordnete Joachim Günther sagte nach Angaben der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Mittwoch) aber, von sechs FDP-Wahlmännern des Landes seien nur „zwei bis drei unsicher“.

Die Unionsfraktion rechnet mit geschlossener Unterstützung für Wulff. CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder sagte, die Union habe ihm „das ganz klare Signal“ gegeben, dass er auf sie setzen könne. Die CSU will auch die bayerischen Freien Wähler Bayern für Wulff gewinnen, die bisher eher Gauck unterstützen wollen. Der CSU- Landesgruppenvorsitzende Hans-Peter Friedrich lobte Wulff: „Ich glaube, er wird ein hervorragender Präsident.“ Der rot-grüne Gegenkandidat Gauck rechnet fest mit Unterstützung aus anderen Lagern. „Ich werde den Dialog mit Jedermann suchen“, sagte er in Potsdam. Der DDR-Bürgerrechtler verwahrte sich gegen den Vorwurf, dass er auf einer Woge wachsender Politikerverdrossenheit ins höchste Staatsamt gewählt werden wolle. „Ich bin kein Vertreter einer Anti-Parteien-Bewegung“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Er will sich am 22. Juni in Berlin der Öffentlichkeit vorstellen. Die Linken-Fraktion will Wulff und Gauck einladen. Die Linke schickt die Bundestagsabgeordnete Luc Jochimsen ins Rennen, auch die rechte NPD tritt mit einem eigenen Kandidaten an.

Nach einem ARD-„Deutschlandtrend“ Extra favorisieren die Deutschen als neuen Bundespräsidenten weiter den Kandidaten von SPD und Grünen, Gauck. Könnten sie das Staatsoberhaupt direkt wählen, würden sich danach 43 Prozent für Gauck entscheiden. Dies sind drei Punkte mehr im Vergleich zur Vorwoche. 37 Prozent würden Wulff wählen (+ 6). Nach dem Konflikt zwischen FDP und CSU über eine Gesundheitspauschale gibt es Signale der Entspannung. Führende Koalitionspolitiker wiesen Spekulationen zurück, das Schicksal der Koalition sei mit der Gesundheitsklausur am Freitag und Samstag verknüpft. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Die Vorschläge der Union schauen wir uns genau an.“ Friedrich zeigte sich zuversichtlich, dass mit Rösler ein guter Kompromiss gefunden werden könne. Bei Deutschlands Top-Entscheidern ist die Regierung einer Umfrage zufolge unten durch. Nur sechs Prozent seien mit der Arbeit von Schwarz-Gelb zufrieden, ergab das „Capital-Elite-Panel“ des Meinungsforschungsinstituts Allensbach im Auftrag des Wirtschaftsmagazins „Capital“.