Die aus fünf Parteien bestehende Regierungskoalition des Flamen Leterme war wegen des Sprachen-Streits zerbrochen.

Brüssel. Unter größtem Zeitdruck hat Belgiens König Albert II. am Dienstag die Suche nach einem Ausweg aus der Regierungskrise des Landes fortgesetzt. Er bestellte den bisherigen christdemokratischen Regierungschef Yves Leterme ebenso wie andere führende Politiker in den Palast von Laeken außerhalb Brüssels ein. Am Montagabend hatte den König den Rücktritt Letermes angenommen. Die aus fünf Parteien bestehende Regierungskoalition des Flamen Leterme war wegen des Streits zwischen den Niederländisch sprechenden Flamen und den Französisch sprechenden Wallonen zerbrochen.

In dem Sprachenstreit geht es um die von den Flamen geforderte Aufspaltung des gemeinsamen Wahlbezirkes der frankophonen Hauptstadt Brüssel und des niederländisch-sprachigen Umlands. Die bisherige Regelung sichert den Frankophonen in einigen flämischen Gemeinden besondere Sprachenrechte zu.

Das Krisenmanagement des Königs – der normalerweise lediglich repräsentiert, bei Regierungsbildungen jedoch die entscheidende politische Rolle spielt – zielt darauf ab, noch vor dem kommenden Donnerstag eine Regierungsmehrheit zu suchen. Anderenfalls droht am Donnerstag eine Kampfabstimmung zwischen Flamen und Wallonen im Parlament. Von einer solchen Konfrontation befürchten beide Seiten eine dramatische Verhärtung der Fronten.

Sollte der König keine Möglichkeit für eine Regierungsbildung sehen, so stehen vorgezogene Neuwahlen – vermutlich am 13. Juni - bevor. Beobachter hielten es für höchst fraglich, dass es nach solchen Wahlen gelänge, bis zum 1. Juli eine Regierung zu bilden. An diesem Tag übernimmt Belgien für sechs Monate die turnusmäßige Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union. „Wir bleiben zuversichtlich, dass Belgien allen Verpflichtungen aus seiner Präsident voll gerecht werden wird“, sagte EU-Kommissionssprecherin Pia Ahrenkilde Hansen am Dienstag.

Die Krise war durch den Auszug der flämischen Liberalen (Open VLD) aus der Regierung ausgelöst worden. Sie erklärten, es gebe keine Aussicht auf eine Lösung des Sprachenstreits im Umland von Brüssel. Außerdem gehörten die beiden Parteien der flämischen und wallonischen Christdemokraten, die wallonischen Liberalen und die wallonischen Sozialisten der Regierung an.