Das EU-Parlament nimmt zurzeit die designierten EU-Kommissare ins Kreuzverhör. Heute war Günther Oettinger an der Reihe.

Eignet sich Günther Oettinger (CDU) für das Amt des EU-Kommissars für Energiefragen? Bei seiner Anhörung im Europaparlament hat sich Deutschlands Kandidat für die neue EU-Kommission nach parteiübergreifender Einschätzung fachlich kompetent und überzeugend präsentiert. In der dreistündigen Befragung habe der scheidende baden-württembergische Ministerpräsident über die gesamte Themenpalette sachkundig Stellung genommen, bescheinigten auch EU-Parlamentarier von SPD und Grünen.

Oettinger ist nicht der einzige der zur Anhörung vor dem EU-Parlament antreten musste. Noch bis kommende Woche prüfen die Abgeordneten, ob das vom Präsidenten der EU-Kommission, Jose Manuel Barroso, präsentierte Team zur Führung der mächtigen EU-Exekutive geeignet ist. Jedes der 27 Mitgliedsländer schickt einen Kommissar nach Brüssel. Das Parlament kann bei Zweifeln an der Fähigkeit einzelner Kandidaten das gesamte Gremium ablehnen. Die Abstimmung darüber ist für den 26. Januar geplant. Der Zeitplan kann aber nur eingehalten werden, wenn das Parlament keine Vorbehalte anmeldet. Allerdings war bereits die bulgarische Kandidatin Rumjana Schelewa auf viel Ablehnung gestoßen. Parlamentarier werfen ihr vor, nicht alle Nebentätigkeiten angegeben zu haben und damit gegen den Verhaltenskodex der EU-Kommission verstoßen zu haben.

Der CDU-Politiker zeigte sich hingegen als prinzipienfester Europäer und umgarnte das Parlament mit dem Versprechen einer engen Zusammenarbeit. „Ich bin nicht der deutsche Kommissar, ich bin der Kommissar, der von Deutschland vorgeschlagen worden ist mit europäischer Verpflichtung“, antwortete Oettinger auf kritische Fragen nach seinem künftigen Selbstverständnis. Trotz persönlicher Kontakte zu Vorstandschefs sei er unabhängig von den deutschen Energiekonzernen, betonte der Kommissarsanwärter.

Als wichtigste Ziele seiner möglichen Amtszeit nannte Oettinger den Klimaschutz und die Stärkung der Versorgungssicherheit. Er wolle die Klimaschutzziele der Europäischen Union entschlossen umsetzen. Die EU will bis zum Jahr 2020 ein Fünftel des Energieverbrauchs einsparen und den Anteil der erneuerbaren Energien auf 20 Prozent ausbauen. Dadurch soll der Ausstoß an Kohlendioxid im gleichen Zeitraum um 20 Prozent gegenüber 1990 zurückgehen, um die Erderwärmung zu bremsen.

In der mächtigen EU-Kommission will Oettinger die erneuerbaren Energien fördern und die Energiekonzerne zum Ausbau ihrer Netze drängen. Den Mitgliedstaaten hielt er vor, mit Alleingängen in der Energiepolitik europaweite Versorgungssicherheit zu untergraben. Die Energieversorger will er zu Investitionen in den Netzausbau drängen.

Die Energiepolitik hat für die EU große strategische Bedeutung, deshalb rangelte ein halbes Dutzend Länder um diesen Posten. Sie spielt eine zentrale Rolle beim Klimaschutz, auch wenn es dazu ein eigenes Ressort gibt. Europa will sich außerdem unabhängiger von russischem Gas und Öl machen. Oettingers Gesetzgebungskompetenzen werden begrenzt sein, zumal eine Reform des Energiemarktes unter seinem Vorgänger, dem Letten Andris Piebalgs 2008 abgeschlossen wurde. Doch kann er sein politisches Gewicht zur Unterstützung von privatwirtschaftlichen Mammutprojekten wie den Gaspipelines Nordstream und Nabucco einsetzen. Der Vorsitzende des für die Anhörung zuständigen Industrieausschusses Herbert Reul (CDU) sagte, er habe es bedauert, dass Deutschland sich nur ein kleines Portfolio geangelt habe. Doch habe der Kandidat verdeutlicht, dass er seine Kompetenzen ausbauen wolle. „Ich habe die feste Absicht, aus diesem Portfolio ein handlungsfähiges und starkes zu machen“, betonte Oettinger.

Abgeordnete aller größeren Fraktionen nannten Oettingers Auftritt überzeugend und signalisierten Zustimmung zu seiner Benennung. Oettinger habe einen fachlich versierten und souveränen Eindruck gemacht, erklärte etwa der SPD-Abgeordnete Norbert Glante. „Wir sind ganz zufrieden, an uns wird es nicht scheitern.“