Bei einem Luftschlag der Nato soll Gaddafis Sohn Saif getötet worden sein. Eine offizielle Bestätigung gibt es jedoch bislang noch nicht.

Tripolis. Der libyische Machthaber Muammar al-Gaddafi überlebte, einer seiner Söhne starb angeblich: Bei einem gezielten Nato-Luftangriff auf ein Haus in Tripolis ist nach libyschen Medienberichten Saif al-Arab al-Gaddafi, ein 29-jähriger Sohn des Machthabers getötet worden. Die Nato und ein US-Regierungsbeamter bestätigten den Tod des Sohnes von Gaddafi am Sonntag zunächst nicht. Wie der libysche Regierungssprecher Mussa Ibrahim in der Nacht zum Sonntag im Staatsfernsehen mitteilte, kamen auch drei Enkelkinder Gaddafis bei dem Angriff am späten Sonnabendabend ums Leben. Mehrere Menschen seien verletzt worden. Gaddafi selbst und seine Frau hätten sich zum Zeitpunkt des Angriffs ebenfalls in dem Haus des 29 Jahre alten Sohnes aufgehalten. Beide seien unverletzt, hieß es.

Die Nato bestätigte einen Angriff auf ein „Kommando- und Kontroll-Gebäude“ am Sonnabendabend im Stadtteil Bab al-Asisija in Tripolis. „Ich weiß von unbestätigten Medienberichten, wonach einige Mitglieder der Familie Gaddafis getötet worden sein könnten“, erklärte der Kommandeur des Nato-Einsatzes, General Charles Bouchard, am frühen Sonntag, ohne jedoch Details zu bestätigen. Alle Nato-Ziele seien militärischer Natur. Der Nachrichtensender CNN berichtete, auch ein US-Regierungsmitarbeiter habe sich zurückhaltend geäußert. Er wisse von diesen Berichten, könne sie aber nicht bestätigen.

Gezielter Angriff auf Gaddafis Leben

Ibrahim sprach von einem gezielten Angriff auf das Leben von Muammar al-Gaddafi. Er verurteilte die Attacke als Verletzung internationalen Rechts, die durch nichts gerechtfertigt sei. „Wir glauben, dass es jetzt für jeden klar ist, dass das, was hier in Libyen geschieht, nichts mit dem Schutz von Zivilisten zu tun hat.“ Das Haus von Saif al-Arab al-Gaddafi sei mit voller Wucht angegriffen worden. „Der Führer (Gaddafi) war mit seiner Frau in dem Haus zusammen mit anderen Verwandten und Freunden“, so Ibrahim. „Der Führer selbst ist bei guter Gesundheit, ihm ist nichts geschehen.“ Auch Gaddafis Frau sei unverletzt geblieben.

Das Fernsehen zeigte Bilder von dem total zerstörten Gebäude in der libyschen Hauptstadt. Das Haus, das nach Berichten des Korrespondenten der britischen BBC in einer exklusiven Wohngegend liegt, soll von mindestens drei Raketen getroffen worden sein. Aufnahmen des libyschen Staatsfernsehens zeigten eine nicht explodierte Rakete in den Trümmern.

Nato-General Bouchard betonte: „Alle Nato-Ziele sind militärischer Natur und stehen in klarer Verbindung zu den systematischen Angriffen des Gaddafi-Regimes auf die libysche Bevölkerung und bewohnte Gebiete.“Der britische Premierminister David Cameron verteidigte die Nato-Luftangriffe ebenfalls. Die Nato wähle ihre Ziele für Luftschläge in Libyen strikt unter Einhaltung der Vorgaben der UN-Resolution 1973 aus, sagte er. In der „New York Times“ hieß es dagegen, ein Angriff in einem dicht besiedelten Gebiet werfe die Frage auf, wie weit das Nato-Mandat ausgelegt werden könne.

Aufständische jubeln über Saifs Tod

In der Rebellenhochburg Bengasi im Osten Libyens wurde die Nachricht vom Tod des Gaddafi-Sohnes unterschiedlich aufgenommen. Viele feierten in der Nacht. Der Tod von Saif al-Arab al-Gaddafi bedeute, dass sein Vater nun schwächer sei als zuvor, erklärten die jubelnden Menschen. Von anderen Vertretern der Aufständischen wurde die Todesmeldung jedoch angezweifelt. Gaddafi könnte versuchen, damit um Sympathien zu buhlen, nachdem sein Angebot einer Waffenruhe zurückgewiesen wurde.

In Deutschland waren mehrere Verfahren gegen den Sohn anhängig

Saif al Arab Gaddafi hatte bis vor einiger Zeit in München studiert. Das Studium habe er aber nicht abgeschlossen, sagte Mussa Ibrahim. In München waren zwischen November 2006 und Juli 2010 zehn Verfahren und ein Vorermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft gegen ihn anhängig, wie das bayerische Justizministerium kürzlich bestätigte. Unter anderem bestand der Verdacht des Verstoßes gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz sowie auf Körperverletzung, hatten die bayerischen Grünen jüngst mitgeteilt. Die Partei hatte der Justiz in Bayern einen zu nachsichtigen Umgang mit dem Sohn des libyschen Machthabers vorgeworfen. So seien mehrere Verfahren, unter anderem wegen des Verdachts auf Körperverletzung, zugunsten des Gaddafi-Sohnes eingestellt worden.

Anfang des Jahres war Saif al Arab Gaddafi in Deutschland zur unerwünschten Person erklärt worden, wie das bayerische Innenministerium damals bestätigte. Demnach durfte er nicht mehr in die Bundesrepublik einreisen.