Der Skandal um die Chemikalie Melamin, die in chinesischer Milch gefunden wurde, nimmt ein erschreckendes Ausmaß an. Die Kontrollen an Flughäfen in Deutschland wurden verschärft, bisher sind aber noch keine verseuchten Produkte in Deutschland aufgetaucht.

Peking/Frankfurt/Berlin. Der Skandal um verseuchte Milchprodukte in China nimmt immer größere Ausmaße an. Fast 53.000 Kleinkinder mussten im Krankenhaus behandelt werden. Bei rund 40.000 Kindern genügte eine ambulante Behandlung, aber knapp 13.000 Säuglinge und Kleinkinder mussten stationär behandelt werden, wie das Gesundheitsministerium mitteilte.

Mehr als 80 Prozent der in den vergangenen Wochen 12.892 erkrankten Kinder waren zwei Jahre alt oder jünger, 104 Kleinkinder seien ernsthaft erkrankt. Bislang hatten die Behörden von mehr als 6.200 Erkrankten gesprochen. Vier Kinder sind in Folge der Vergiftung mit der Chemikalie Melamin an Nierensteinen gestorben.

Ministerpräsident Wen Jiabao erklärte, alle Verantwortlichen sollten zur Rechenschaft gezogen werden, um zu verhindern, dass sich ein solcher Skandal wiederhole. "Die Regierung begreift den Zwischenfall als Warnung und wird die Bemühungen um die Lebensmittelsicherheit verstärken", sagte Wen der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge während eines Krankenhausbesuchs in Peking.

Die erkrankten Kleinkinder tranken dem Ministerium zufolge Milch aus kontaminiertem Milchpulver, das hauptsächlich vom Hersteller Shijiazhuang Sanlu stammte. Inspektoren haben in Milchprodukten der Sanlu-Gruppe sowie von 21 weiteren chinesischen Herstellern die giftige Chemikalie Melamin festgestellt, die zur Herstellung von Plastik genutzt wird. Der Stoff ist hoch nitrogenhaltig und kann bei Milchtests daher ein höheres Proteinniveau vortäuschen. Einige Bauern könnten mit Wasser gestreckte Milch mit Melamin angereichert haben, um ihre Profitmarge zu erhöhen.

Seit der Aufdeckung des Skandals sind am größten deutschen Flughafen in Frankfurt bislang keine Verstöße gegen das Importverbot festgestellt worden. Am Freitag waren die Lebensmittelkontrolleure angewiesen worden, bei den regulären Kontrollen besonders auf Milch und Milchprodukte zu achten, wie das hessische Verbraucherschutzministeriums am Montag mitteilte. Bei Frachtmaschinen würden die Begleitpapiere geprüft und in Stichproben die Ladungen untersucht. Auch Passagiere dürfen aus China keine tierischen Produkte im Handgepäck einführen. Dies gelte wegen verschiedener Seuchen wie die Vogelgrippe bereits sei längerem und unabhängig vom aktuellen Milchskandal.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch sieht in dem Skandal um verseuchte Milchprodukte in China keinen Grund zur Panik für deutsche Kunden. Denn der Import chinesischer Milchprodukte nach Europa sei verboten, sagte Geschäftsführer Thilo Bode im ZDF-Morgenmagazin. Allerdings gebe es seit der Erweiterung der Europäischen Union eine erhöhte Rate illegaler Importe über die Schwarzmeerhäfen.

"Ich glaube, es ist aber kein Anlass zur Panik", sagte er. Angesichts der steigenden Zahl von illegalen Lebensmittel-Importen forderte er eine verstärkte Haftung von Importeuren und des Einzelhandels sowie ein stärkeres Engagement der Politik in dieser Frage: "Durch Kontrollen allein können wir das Problem nicht in den Griff bekommen."