Laut der örtlichen Behörden könnten der deutsche Exdiplomat Jürgen Chrobog und seine Familie bald wieder freikommen. Die jemenitische und die deutsche Regierung stehen in intensiven Verhandlungen mit den Entführern. Eine erste Gesprächsrunde war allerdings am Vormittag gescheitert.

Sanaa/Berlin. Die Regierungen in Deutschland und im Jemen bemühen sich unermüdlich um eine schnelle Freilassung des entführten ehemaligen Außenstaatssekretärs Jürgen Chrobog und seiner Familie. Nach ARD-Informationen vom Donnerstag könnten Chrobog, seine Frau und die drei Söhne noch im Laufe des Tages von ihren Entführern im Jemen freigelassen werden. Das habe die jemenitische Regierung dem ARD-Studio in Kairo mitgeteilt, hieß es.

Die Zeitung "Yemen Observer", berichtete allerdings gegen Mittag, eine erste Verhandlungsrunde zwischen Vertretern des Innenministeriums und den Geiselnehmern sei zuvor gescheitert. Einer der Kidnapper, der sich Abu Bakr Abu Al-Chair nannte, habe erklärt, das Ministerium habe keine ausreichenden Garantien gegeben, daß die Forderung nach Freilassung von inhaftierten Stammesangehörigen erfüllt würden.

Der Gouverneur der Provinz Schabwa, Abdallah al-Kadi, zeigte sich dennoch optimistisch, daß die Entführten noch im Laufe des Tages freikommen. Die Verhandlungen bewegten sich "in eine positive Richtung", sagte er der dpa. Die Geiseln würden wie "Gäste" behandelt. Sie würden allerdings als Druckmittel gegen die Regierung in Sanaa benutzt. Die Entführer wollen nach jemenitischen Angaben fünf Angehörige ihres Stammes freipressen, die wegen einer Fehde mit einer anderen Gruppierung in Haft sitzen.

Auch der Krisenstab des Auswärtigen Amtes (AA) in Berlin setzte auf eine schnelle und glimpfliche Lösung der Geiselnahme. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) stehe in direktem Kontakt mit seinem jemenitischen Amtskollegen, teilte ein AA-Sprecher mit. Steinmeier habe am Morgen mit Sanaa telefoniert. Das Ministerium stehe mit allen relevanten Stellen in Verbindung. "Die Mitarbeiter setzen ihre Bemühungen mit großer Intensität fort", sagte der Sprecher. Details wurden "im Interesse der Vermißten" nicht genannt.

Der im Juli pensionierte Chrobog und seine Familie sind seit Weihnachten im Jemen. Am Mittwochmittag wurde ihre Entführung bekannt. Sie waren mit einer Reisegruppe unterwegs und wurden nach Medienberichten auch von Sicherheitskräften begleitet. Bei der Tour waren die Mitglieder der Gruppe jedoch auf verschiedene Fahrzeuge verteilt. Bei einem Mittagessen seien die Chrobogs dann von den Sicherheitskräften getrennt worden, was die Entführer für den Überfall genutzt hätten.

Bei den Geiselnehmern handele es sich um Mitglieder des Stammes Al-Abdallah aus der Provinz Schabwa. Es ist der vierte Fall in diesem Jahr, bei dem Stammesangehörige in dem armen Land Touristen entführen, um von der jemenitischen Regierung Gegenleistungen zu erpressen.

Auch der Direktor des jemenitischen Reiseveranstalters, Mohammed Abu Taleb, zeigte sich "sehr optimistisch", daß Chrobog und seine Familie schnell freikommen. Die Verhandlungen zwischen Vertretern des jemenitischen Innenministeriums und den Entführern hätten am Morgen begonnen, sagte er der dpa. Das Innenministerium habe ihm versichert, daß die Familie bei guter Gesundheit sei und von den Entführern gut behandelt werde.

Als Staatssekretär im AA hatte Chrobog in den vergangenen Jahren selbst mehrmals bei Entführungen deutscher Staatsbürger vermittelt, vor allem 2003 im Fall der Sahara-Geiseln.