Die Bilanz zweier Krawallnächte ist erschreckend: sechs verletzte Beamte, 23 Festnahmen. Die Polizeigewerkschaft fürchtet eine neue Welle der Gewalt.

Hamburg. Nach den gewalttätigen Krawallen am Vorabend und in der Nacht des 1. Mai rechnet die Deutsche Polizeigewerkschaft DPolG mit einer neuen Welle von Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Anhängern der linken Szene. Insbesondere die derzeit andauernde Diskussion um das Schanzenfest werde neuen Streit schüren, der gezielt für Krawalle genutzt werde, sagte DPolG-Landeschef Joachim Lenders. Zudem warnte er vor einer Gewaltserie, die sich gezielt gegen Polizisten richte. So waren bereits in der Nacht zum 1. Mai Zivilpolizisten im Schanzenviertel bewusst mit Flaschen beworfen und verletzt worden. Am Maifeiertag mussten sich die Polizisten gegen gezielte Steinwürfe erwehren. Insgesamt wurden in beiden Krawallnächten zehn Polizisten verletzt.

Entgegen aller Voraussagen war es auch in der Nacht zu Sonnabend zu heftigen Ausschreitungen gekommen, die das Gewaltpotenzial der vorangegangenen Nacht, aber auch das der letztjährigen Ausschreitungen im Schanzenviertel weit übertrafen. Mehr als 300 Autonome warfen über Stunden Steine, Flaschen und Böller auf Polizisten, zündeten Autos und Mülltonnen an, beschädigten Polizeiwagen. Sechs Beamte wurden verletzt, 24 Randalierer kamen in Gewahrsam, 23 wurden vorläufig festgenommen. Augenzeugen zufolge wurden auch Demonstranten und Schaulustige verletzt.

Bereits am frühen Abend hatten sich 200 schwarz Vermummte vor der Roten Flora am Schulterblatt zu einem spontanen Aufzug versammelt, sich dann aber in die Seitenstraßen, den Florapark und die umliegenden Restaurants verteilt. Bis kurz nach 22 Uhr wurden vereinzelt Autofahrer mit Böllern beworfen und Flaschen in die Menge von Schaulustigen und Restaurantbesuchern auf der Piazza gegenüber der Roten Flora geworfen. Gegen 23 Uhr eskalierte die Situation: Eine Gruppe Polizisten durchquerte den Florapark und wurde von Autonomen angegriffen. Die Polizei rückte umgehend in das Schanzenviertel vor, setzte Wasserwerfer und Schlagstöcke ein. Die Auseinandersetzungen, bei denen auch Unbeteiligte von Wasserwerfern getroffen und Stühle und Tische von Restaurants beschädigt wurden, beruhigten sich gegen 3 Uhr.

Ungewöhnlich: Bislang beschränkten sich Krawalle von Autonomen auf den Vorabend des Maifeiertages. Auch die Polizei war davon ausgegangen, dass ein Großteil der gewaltbereiten Linken am 1. Mai zu einer von Neonazis angekündigten Demonstration nach Hannover fahren oder nach Berlin ausweichen würde. Noch am Freitag waren deshalb Hundertschaften der Hamburger Polizei, die eigentlich in Berlin eingesetzt werden sollten, zurück in die Hansestadt beordert worden.

Lenders lobte das Konzept der Hamburger Polizei, hart durchzugreifen und mit dem Einsatz von Wasserwerfern Randalierer auf sichere Entfernung zu halten. Dadurch seien in Hamburg viel weniger Polizisten verletzt worden als in Berlin, wo knapp 270 verletzte Beamte gezählt wurden. Er kritisierte, dass zunehmend "erlebnisorientierte Jugendliche" politisch-orientierte Veranstaltungen nutzten, um Gewalt gegen die Polizei auszuüben. "Sie verstecken sich in der Anonymität des gewaltbereiten Mobs."

Kritik kam auch von Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU): "Nur dank des erfolgreichen Konzepts der Deeskalation durch Stärke und des entschlossenen Einschreitens der Polizei ist es zumindest in Hamburg erneut gelungen, das Entstehen rechtsfreier Räume zu verhindern." Es sei nicht zu tolerieren, dass linksextremistische Straftäter den Tag der Arbeit für ihre Gewaltexzesse und Angriffe auf die Polizei missbrauchten.