Wenn Kay Strasberg eine Bilanz seines Einsatzes am diesjährigen 1. Mai im Schanzenviertel zieht, dann kann der Beamte und Polizeigewerkschafter eigentlich nur den Kopf schütteln. Viele kämen nur, um Krawall zu machen.

Hamburg. "Was treibt junge Leute dazu, Flaschen und Steine auf Polizisten zu werfen und das als Party zu begreifen?", fragt Strasberg, der als Zugführer einer Beweissicherungs- und Festnahme-Einheit (BFE) am 1. Mai und allen anderen Krawallnächten in vorderster Front seinen Kopf riskiert. Strasberg fürchtet, dass die entpolitisierte Krawallmacherszene weiter aufrüstet: Schon am 1. Mai nahm sein Zug Jugendliche fest, die Molotowcocktails gebastelt hatten - offenbar, um sie auf Beamte zu werfen. "Das ist eine andere Ebene der Gewalt. Da kommt man schon ins Grübeln."

Strasberg, der in der Polizeigewerkschaft DPolG aktiv ist, trifft bei Einsätzen immer öfter auf Jugendliche, die einfach nur Steine werfen, weil sie gehört haben, "dass etwas abgeht". Übereinstimmend mit DPolG-Chef Joachim Lenders sagt er: "Die Rote Flora hat offenbar mit den Krawallen kaum noch etwas zu tun. Sie diente am 1. Mai weder als Basis noch als Rückzugspunkt für Gewalttäter." Auch eine Demo sei nicht angemeldet worden. "Es ging nur um Krawall, um Gewalt.", sagt Strasberg. Dabei seien die Festgenommenen immer jünger: Der Altersdurchschnitt derjenigen, die bei Krawallen nach Straftaten aufgegriffen würden, bewege sich heute bei 16 bis 22 Jahren.

Der Festnahme-Spezialist beklagt zudem eine fortschreitende Ignoranz bei "normalen" Besuchern des Schanzenviertels: "Viele, die dort ihr Bier trinken, sind sich der Gefahr nicht bewusst, wenn in ihrer Nähe Flaschen fliegen. Es ist reines Glück, dass bislang weder Polizisten noch Zuschauer schwer verletzt wurden." Zumal es immer öfter Angriffe aus der Anonymität der Feiernden gebe - in den Rücken der Polizisten. Die Hemmschwelle, Gewalt gegen Polizisten auszuüben, sinke selbst beim Normalbürger. Zum Glück, so Lenders, weiche die Polizeiführung nicht von ihrer harten Linie gegen Randalierer ab: "Anders als in Berlin, wo die Hamburger Kollegen beim 1.-Mai-Einsatz geradezu verheizt wurden." Drei Hundertschaften unterstützten die Berliner Kollegen, 28 Polizisten wurden verletzt. In Hamburg gab es an beiden Krawallabenden zehn verletzte Beamte. Strasberg kann sich großflächige Identitätskontrollen vor möglichen Ausschreitungen vorstellen: "Damit zeigen wir, wir haben dich im Visier." Schließlich beschränkten sich Gewaltexzesse nicht nur auf den 1. Mai. Er erkenne eine Radikalisierung auch bei Sportereignissen.