Durchschnittliches Renteneintrittsalter liegt derzeit bei 63,5 Jahren. Firmen sollen Mitarbeiter weiterbilden, damit sie bis 67 arbeiten können.

Hamburg. Altkanzler Helmut Schmidt war der Ideengeber: Die "Zeit"-Stiftung und die Handelskammer starten in Kürze ein Projekt, das älteren Arbeitnehmern neue berufliche Perspektiven in ihren Unternehmen eröffnen soll. "Es geht um Frauen und Männer im Alter von Anfang 60, die aufgrund von psychischen oder physischen Belastungen in ihrem Arbeitsgebiet nicht mehr einsetzbar sind", sagt Hans-Jörg Schmidt-Trenz, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer. Nach Umschulungen und Nachqualifizierungen sollen die Arbeitnehmer zum Beispiel Jobs im Büro übernehmen können.

Wie wichtig Helmut Schmidt das Thema auch angesichts der zunehmenden Alterung der Gesellschaft ist, machte der Altkanzler vor wenigen Tagen im Gespräch mit dem Abendblatt deutlich. "Jeder Arbeitnehmer sollte mit 50 noch einmal den Beruf wechseln können. Also die Chance haben, einen Beruf zu erlernen, den er bis zum Rentenalter ausüben kann, zum Beispiel am Schreibtisch", sagte Schmidt.

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Handelskammer und "Zeit"-Stiftung verhandeln nun mit mehreren großen Hamburger Unternehmen über eine Beteiligung an dem Pilotprojekt. "Wir suchen Firmen, die bereit sind, sich auf solche Fallkonstellationen einzulassen", sagt Schmidt-Trenz. Nach Informationen des Abendblatts handelt es sich sowohl um produzierende Betriebe als auch Dienstleistungsunternehmen. Sicher ist, dass der Kupferproduzent Aurubis auf der Veddel dazugehört. "Unser Ehrgeiz ist es, Wege zu finden, wie Unternehmen mit rechtzeitigen Umschulungen und Neuqualifizierungen Arbeitnehmer bis zum 67. oder 68. Lebensjahr in weniger belastenden, aber ebenso wichtigen Tätigkeiten beschäftigen können", sagt Michael Göring, Vorstandsvorsitzender der "Zeit"-Stiftung. Vielleicht könne das Projekt "zu einem Modell für eine ganze Branche werden".

Jeder fünfte Arbeitnehmer geht in Deutschland aus gesundheitlichen Gründen frühzeitig in Rente. Besonders betroffen sind Hoch- und Tiefbauer, Fliesenleger und Heizungsbauer. Frührentner geben ihren Beruf nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Durchschnitt mit 55 Jahren auf. Das durchschnittliche Renteneintrittsalter liegt derzeit bei 63,5 Jahren. Kammer-Hauptgeschäftsführer Schmidt-Trenz weist darauf hin, dass Hamburg bei den psychischen Erkrankungen bundesweit an der Spitze liegt. Die Fehltage lagen 2010 nach einer Studie der Barmer GEK um 44,9 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. "In den Betrieben ist ein Umdenken nötig", sagt der "Zeit"-Stiftungschef Göring. Früher hätten ältere Stahlkocher etwa Tätigkeiten beim Werkschutz aufgenommen: "Diese klassischen Ausweichstellen sind kaum noch da."