In Hamburg leben mehr als 220.000 Menschen an Straßen, in denen die Schadstoffkonzentration über den europäischen Grenzwerten liegt.

Hamburg. Hamburgs Luft soll sauberer werden. Noch in diesem Monat will Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) ein Konzept vorstellen, wie künftig die EU-Grenzwerte eingehalten werden sollen. Gemeinsam mit Handels- und Handwerkskammer und der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) werde die Wirtschaftsbehörde eine "Luftgütepartnerschaft" auf den Weg bringen, sagte Horch im Gespräch mit dem Abendblatt.

Das Problem ist schwerwiegend: In Hamburg leben mehr als 220.000 Menschen an Straßen, in denen die Luftschadstoffkonzentration deutlich über den europäischen Grenzwerten liegt. Seit Juni 2010 gilt für das schädliche Stickstoffdioxid (NO2) ein Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. In Hamburg wird dieser Wert an zahlreichen Messstationen weit überschritten. Negativer Spitzenreiter ist die Willy-Brandt-Straße mit 87,6 Mikrogramm, gefolgt von An der Verbindungsbahn (82,8 Mikrogramm) und der Straße An der Alster (82,5 Mikrogramm). Aber auch dicht bebaute Straßen wie die Lange Reihe, Gärtnerstraße, Doormannsweg und Stresemannstraße liegen mit bis zu 74 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft noch weit über der Grenze.

Der Senat will nun mit Maßnahmen wie zum Beispiel mehr Elektrofahrzeugen für den Dienstleistungs- und Handwerkerverkehr gegensteuern. Außerdem soll das Programm der "Energielotsen", die Firmen bei der Umstellung auf ressourcensparende Produktion beraten, intensiviert werden. "Wir müssen mit erkennbaren Maßnahmen zu einer signifikanten Reduzierung der Messwerte kommen", sagte Horch. "Es kann nicht mehr bei einer reinen Ankündigungspolitik bleiben."

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Stickstoffoxide gelangen durch den Straßenverkehr in die Luft - und sie können Menschen krank machen, sagt Prof. Jörg Braun, Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin an der Asklepios-Klinik Wandsbek. Als besonders problematisch gelte Stickstoffdioxid, weil dieser Stoff bis in die feinsten Verästelungen der Lunge vordringe. "So kann Stickstoffdioxid etwa Bronchitis auslösen, aus der sich Asthma oder COPD - die Chronisch obstruktive Lungenerkrankung - entwickeln können. Stickstoffdioxid steht auch im Verdacht, in bestimmten Fällen Lungenkrebs zu verursachen", sagt Braun.

Neben den Schadstoffen in der Luft ist auch Lärm in Hamburg ein großes Problem. Etwa 130 000 Menschen leben an so lauten Straßen oder Schienentrassen, dass ihre Gesundheit gefährdet sein könnte. Wie andere Großstädte in Deutschland und der EU setzt auch Hamburg derzeit eine von der EU geforderte "Lärmaktionsplanung" um. Bis Ende des Jahres werde der Senat von den Experten über die Ergebnisse informiert, sagte BSU-Sprecher Volker Dumann dem Abendblatt. Stimmt die Bürgerschaft zu und gibt Geld für Maßnahmen frei, könnte Mitte 2012 mit dem Bau erster Lärmschutzwände begonnen werden.